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Einwohneranregungen

An den
Kreistag des
oberbergischen Kreises,
z.H. Herrn Landrat Hagt Holocaust Gedenktag 27.Januar 2024

EINWOHNERANREGUNGEN

1.

Der Kreistag möge beschließen, dass er sich von der Ehrung des früheren OKD Dr. Friedrich Wilhelm Goldenbogen durch die Waldbröler Straßen „Friedrich Wilhelm Straße“ und „Dr. Goldenbogenstraße“ auf Grund von dessen NS Belastung ( NSDAP, SA, NS-Rechtswahrerbund u.a,)und seiner äußerst großzügigen Förderung des Nazimalers und bekennenden radikalen Antisemiten Werner Peiner in den 50ern distanziert.

2.

Der Kreistag möge beschließen, dass der Landrat wegen der weiteren Verschleppung einer Aufarbeitung der Nachkriegs- NS-Belastung von Kreistag und Verwaltung durch einen unanhängigen, externen Historiker gerügt wird.

Der Kreistag soll nunmehr den Fachausschuss damit beauftragen, mit dem LVR Verbindung aufzunehmen, der mehrere Forschungsprojekte zur NS Kontinuität im LVR durch externe Historiker hat durchführen lassen. Dabei wurde u.a. die schwere NS Belastung des Gründungsdirektors Klausa festgestellt mit der Folge, dass sich die Uni Bonn von seiner Ehrenbürgerschaft und die Uni Düsseldorf von seinem Dr. h. c. distanzierten. Goldenbogen, auch eine mächtige LVR-Person bis 1979 , ist in diesen Forschungsprojekten u.a. als Förderer seines SA- Kameraden Klausa hervorgetreten. Die bereits eingearbeiteten Historiker sollen angefragt und nunmehr auch mit der oberbergischen Aufarbeitung beauftragt werden. Der LVR hat dafür bereits finanzielle Unterstützung in Aussicht gestellt.

Begründung:

Vor mehr als einem Jahr hat der Landrat in einer öffentlichen Veranstaltung mit dem früheren Kreishistoriker Pomykaj zugesagt, endlich einen externen und unabhängigen Historiker mit der Aufarbeitung der NS-Kontinuität in Oberberg zu beauftragen. Bislang ohne Ergebnis.

Nachdem der LVR vor mehr als 10 Jahren endlich Historiker mit seiner NS-Aufarbeitung ( mit dem bekannten erschreckendem Ergebnis) beauftragt hatte, habe ich eine solche auch vom Kreistag verlangt. Lange vergeblich.

Die schließlich durch Pomykaj durchgeführte wies geradezu skandalöse Lücken auf. So hatte er weder Goldenbogens SA-Mitgliedschaft noch die im NS-Rechtswahrerbund feststellen können, obwohl die entsprechenden Dokumente in Goldenbogens Personalakte im Bundesarchiv vorliegen und jedermann, so wie auch ich, Auskunft bekommt und sich sogar Kopien zusenden lassen kann.

Seit dem Massaker der Hamas am 6. Oktober 23 und den antisemitischen Ausschreitungen auf deutschen Straßen ist die Ehrung des schwer NS belasteten Goldenbogen und seiner „Freundschaft fürs Leben“ mit dem glühenden Antisemiten Peiner vollkommen unerträglich. Wer einen solch radikalen Antisemiten über die Maßen fördert, kann nur selber einer sein.

Wenn den Fraktionen des Kreistags diese NS-Belastung des früheren OKD weiterhin so gleich-gültig ist, dass sie sich nicht an dessen Ehrung stören, dann wären ihre Bekundungen auf den Demos gegen den Rechtsradikalismus und die Pläne zur Vertreibung „ nicht-arischer“ (so die Wortwahl vor 45 ) Deutscher in afrikanische Lager beim Brandenburger Geheimtreffen allerdings als pure Heuchelei zu werten. Zumal ja offenbar zwei oberbergische Parteifreundinnen Golden-bogens und des Landrats daran teilgenommen haben.

Als Beteiligter an der NS-Aufarbeitung des LVR habe ich meine Erkenntnisse zu Goldenbogen und der oberbergischen NS Kontinutität aufgeschrieben und auf meine Homepage gestellt.

Ich erlaube mir auch, darauf hinzuweisen, dass ich Opfer von einem widerlichen „Shitstorm“ Rechtsradikaler geworden bin, weil ich auf deren Teilnahme an den sog. „Spaziergängen“ in einem Leserbrief in Gummersbach und Waldbröl hingewiesen hatte.

Keine Institution, keine Partei, keine Kirche ist mir zu Hilfe gekommen gegen unsägliche Hetze und Bedrohungen gegen meine körperliche Unversehrtheit (so das AG Waldbröl). Ich musste mich allein per Zivilklage dagegen zur Wehr setzen. Also wehe dem Nazigegner, der nicht über mein Widerstandspotential verfügt, allein die Gottseidank so großen Demos schützen ihn noch nicht.

 

Leserbrief zum Artikel „Geschichte soll sich nicht wiederholen“ vom 5.2.24

 

Gut, dass auch im ehedem tiefbraunen Waldbröl viele Menschen für Demokratie und gegen Faschismus auf die Straßé gegangen sind. Und dass es mindestens so viele waren wie seinerzeit die von Rechtsradikalen angeführten „Spaziergänge“.

Im Unterschied zu den allermeisten anderen Demos wurde diese nicht von der Zivilgesellschaft, sondern von Institutionen wie Bürgermeisterin, Ratsfraktionen oder Kirche dominiert. Deshalb besteht bei der Waldbröler Demo aber ein Glaubwürdigkeitsproblem:

Ganz in Demo-Nähe gibt es die „Dr. Goldenbogen-Straße“. Goldenbogen, autokratisch regierender OKD bis 79, war u.a. Mitglied in der NSDAP, der SA und dem Nationalsozialistischen Rechtswahrerbund und hat zeitlebens nicht die Spur von Einsicht oder gar Reue gezeigt. Im Gegenteil: Noch Anfang der 50er förderte er den vom Führer geehrten Blut-und-Boden-Maler Maler Peiner über die Maßen. Es störte ihn nicht, dass dieser „ Freund fürs Leben“ weiterhin offen als radikaler Antisemit auftrat.

„Wir haben nicht vergessen“ so die Bürgermeisterin, “was die Nationalsozialisten den Menschen angetan haben“. Trotzdem kann man, mit dem Holocaust vor Augen, einen offenbar unverbesserlichen SA-Mann und NS-Juristen ehren ?

Der Pfarrer erklärte, dass Waldbröl sich mit seiner Geschichte auseinandergesetzt habe, deshalb „wollen wir nicht noch einmal durch und für Extremismus ausgenutzt werden“. Welch eine erschreckende Geschichtsvergessenheit: Denn sehr viele Waldbröler und evangelische Christen wurden nicht „ausgenutzt“, sondern waren selber glühende Nazis und, angestiftet von Luthers Judenhetze, mörderische Antisemiten.

Dass 2024 immer noch von offizieller Seite eine solche Schuldabwehr und Verleugnung der Verstrickung in den NS möglich ist, das ist die wirkliche Gefahr für die Demokratie. Denn nur eine offene und ehrliche Aufarbeitung aller Beteiligten kann verhindern, dass sich unsere furchtbare deutsche Geschichte wiederholt.

Vor einigen Jahren hatte der Polizeihauptkommissar Jochen Gölitz die Bürgermeisterin aufgefordert, die Strasse wegen der NS Belastung des Geehrten umzubenennen. Sie werde die Anregung an die Fraktionen weiterleiten, war ihre Antwort.

Diese sehen anscheinend auch nach dem 7.10. und antisemitischen Ausschreitungen auf deutschen Straßen immer noch keinen Grund, die Ehrung des mindestens Antisemitismus-affinen Altnazis zu beenden. Ihre Empörung über die AfD hat daher einen sehr schalen Beigeschmack.

Leserbrief zum Artikel „Aktiv in Zeiten des Klimawandels“

Es ist sicher löblich, wenn die Gemeinde Marienheide sich der Gefahren der Klimaerhitzung annimmt. Die „Klimawoche“ hätte aber mit all den gut gemeinten Aktivitäten von Klimaneutralem Kochkurs, Fahrradtour, Repair-Cafe bis zum Müllsammeln und den Expertenvorträgen zu Energie- Verkehrs- und Klimapolitik genauso schon vor 25 Jahren stattfinden können.

So lange schon wiederholt das Wuppertal-Institut mantramäßig seine Warnungen, die nach wie vor an der Realität von Wachstumswirtschaft und Überkonsum abprallen und die heuchlerische Aggerenergie zeigt auf das Potential von Wind- und Sonnenenergie, welches sie selbst leider zugunsten ihrer Profite mit den Fossilen über all die Jahre auch nicht gehoben hat.

Anders als vor 25 Jahren geht es aber nicht mehr um die Verhinderung von Zukunftsgefahren, sondern der weltweite Klimanotstand ist furchtbare Realität und hat in diesem Rekordhitzejahr rund um den Globus derart verheerende Zerstörungen biblischen Ausmaßes ausgelöst, dass die Existenz der Menschheit bedroht ist. Riesige Flächen verbrannter Wälder, wahrhaft sintflutartige Überschwemmungen, schmelzendes Poleis, trocken fallende Flüsse, dramatische Dürren. Folge: Eine Welternährungskrise durch schwindende Ackerböden, Flüchtlingsströme, Verteilungskriege. Uns läuft die Zeit davon.

Dagegen wirkt die „Klimawoche“ – Verzeihung, Herr Meisenberg – wie Hustensaft gegen Lungenkrebs und sie wirkt sogar kontraproduktiv, weil sie die Menschen weiterhin vom echten Klima-schutz ablenkt. Der müsste nämlich damit beginnen, so Ulrike Herrmann in „Das Ende des Kapitalismus“, dass die extremen Verbräuche in den Wohlstandszonen der Welt durch drastische Einsparung und notfalls erzwungenen Verzicht auf mindestens die Hälfte gesenkt werden. Während die untere Einkommenshälfte der deutschen Bevölkerung durchschnittlich 5t CO2 pro Kopf und Jahr ausstosse, seien es bei der unteren Mittelschicht 12 Tonnen und es steige bis zur oberen auf 35 Tonnen, bei den ganz Reichen gehe es durch die Decke. Also besteht auch hier ein Konflikt zwischen arm und reich, es gibt Klima-Opfer und Klima-Täter.

An Letztere will aber weder die Ampelregierung ran, noch die Opposition und also versuchen sie in ihrer Berliner Blase, ihr längst kriminelles Versagen gegenüber den verbindlichen Klimazielen durch Hinweise auf zukünftige technische Wunderwerke zu rechtfertigen, das sichere Endlager für atomaren Müll lässt grüßen. Ein Beispiel für regelrechten Klima-Blackout gab kürzlich der Bundestagsabgeordnete Brodesser, der es schaffte, in einem langen Interview über seine Arbeit den Begriff Klima nicht einmal zu erwähnen.

Auch die Marienheider Kinder, so viel steht fest, werden ihren Eltern demnächst sehr, sehr harte Fragen stellen müssen.

„Watt sachste?“ – Zum Tod meines Freundes Wolfgang Motzkau

Am 19. August 2023 haben wir die Asche meines Freundes Wolfagng Motzkau im Friedwald „Wildenburger Land“ beigesetzt, ganz in der Nähe der letzten Ruhestätte seines früheren Kollegen Kurt Schäfer.

Es gab einiges zu sagen, anlässlich seines Todes. Nie ist mir eine Trauerrede schwerer gefallen.

NACHRUF AUF WOLFGANG MOTZKAU

Wolfgang und ich sind uns zum ersten Mal Mitte der 9oer auf bemerkenswerte Weise begegnet. Es war auf eben der Wiese, auf der er gestorben ist. Ich hatte sie gepachtet und wir waren mit zwei Treckern, ein paar Helfern und einem Schwung Kindern zum Hermachen da. Während ich mit der Ballenpresse über die Schwaden fuhr, sprang plötzlich ein kleiner drahtiger Mann auf die Einstiegsstufe des Treckers und brüllte, um den Lärm von Motor und Presse zu übertönen: „ Ich war das!“ . „Was warst du?“ schrie ich zurück. „Ich war das mit den Schafen. Ich will dir jetzt helfen und das abarbeiten“

Im April hatte ich festgestellt, dass Schafe dort noch geweidet hatten, als es längst nicht mehr erlaubt war, weshalb natürlich Futter fehlte. Aber das freiwillige Geständnis und das „ Wiedergutmachungs-Angebot“ rührten mich. Es brauchte mehrere Fahrten und es dauerte bis zum Abend, bis die 450 Ballen in den Scheunen verstaut waren. Wolfgang half bis zum Schluss. Bevor ich ihn zum Bus nach Bergneustadt brachte, ging er mit mir in der Abenddämmerung noch zum Gießen in den Gemüsegarten, dort lief er hin und her und geriet regelrecht in Begeisterung, lauthals rufend: „Wie bei meiner Oma, wie bei meiner Oma!“

Das war der Beginn unserer lebenslangen Freundschaft, die geprägt war von gegenseitiger Hochachtung, obwohl wir auch immer wieder hart und laut aneinander gerieten. Er hieß fortan bei uns eher liebevoll „Raubschäfer“, auch wegen seines provokanten Spruchs: “Nachts, wenn die Bauern schlafen, gehört das Gras den Schafen“.

Seine Oma und sein Opa waren Flüchtlinge aus Ostpreußen und hatten in Niederseßmar einen kleinen Hof gekauft. Ohne Trecker und ohne Pferd haben die beiden mit äußerst harter Arbeit eine bäuerliche Existenz aufgebaut, Opas Fuhrpark bestand aus einer Schubkarre, mit der er in der Derschlager Genossenschaft seine Ein- und Verkäufe abwickelte. In äußerster Sparsamkeit und als Selbstversorger schafften sie es, jedem der vier Kinder zu einem Baugrundstück und einem Haus zu verhelfen, das von Wolfgangs Mutter liegt direkt neben dem früheren Hof.

Nach der Schule machte Wolfgang eine Schlosserlehre bei der Firma Steinmüller und gab sich zum Entsetzen des strengen Opas dem süßen Leben des entfesselten Konsumismus als Motorradfreak hin. Fast jeden 2. Abend drosch er seine italienische Rennmaschine durch die Gegend und ließ den Opa stehen, der machtlos mit dem Knüppel drohte. Wochenenden verbrachte er mit den Kumpeln bei Rennen oder bei exzessiven Saufgelagen in einer Bretterhütte am Waldrand bei Rebbelroth.

In seinem späteren Leben als Wanderschäfer sah er nicht nur seinen Anteil an der „Freizeit-und Spaßgesellschaft“ extrem kritisch und schämte sich dafür, sondern auch sein Arbeitsleben, produzierte die Firma Steinmüller doch Kessel für Kohle-und Atomkraftwerke.

Die Bundeswehr beendete abrupt seine Easy Rider Freiheit.Mit äußerstem Widerwillen folgte er dem Stellungsbefehl und sabotierte und drückte sich, wo er nur konnte. So habe er z.B. bei Schießübungen die Patronen nach und nach in den Sand gesteckt statt sie abzuschießen und sich so die mühsame abendliche Gewehrreinigung erspart. Vielleicht war das der Grund, warum seine Vorgesetzten und die Bundeswehrärzte seine Klagen, dass er immer schlechter sehen konnte, nicht ernst nahmen. Nach der Entlassung stellte man jedenfalls in der Augenklinik fest, dass die Ursache eine Infektion war, die man nicht rechtzeitig behandelt hatte Unheilbar!

Der Schock muss ungeheuer groß gewesen sein, denn der Absturz war total: Sein Leben als normaler Arbeitnehmer war genauso zu Ende wie seine Motorrad-Freiheit. Man beschäftige ihn mehr pro forma noch ein paar Jahre im Lager und schickte ihn dann in seine kleine Rente.

Als Schwerbehinderter war Wolfgang jetzt für den Rest seines Lebens ein Fall für unser Sozialsystem und dessen Angebote: ein Leben verwaltet von Sozialbürokraten, reglementierte Hilfestellungen durch Sozialarbeiter, die vielleicht eine Behindertenwerkstatt oder betreutes Wohnen für angebracht hielten oder ein Heim, weil er seinen Haushalt nicht ordentlich führen konnte.

Jeder, der Wolfgang ein nur ein bisschen kennt, weiß, dass er hochaggressiv und lautstark auf derartige Zumutungen reagiert hätte. Aus meinen Erfahrungen im SSK, der Sozialistischen Selbsthilfe Köln, weiß ich, dass der Platz für solche unangepassten und angeblich dissozialen Behinderten am Ende häufig die geschlossene Psychiatrie ist. Dort hätte man Wolfsgangs aufbäumende Wutanfälle zwangsläufig mit Neuroleptika ersticken müssen, möglicherweise bis er als gebrochener Mensch im chemischen Nebel den Rest seiner Tage hätte verbringen müssen.

Ich nehme an, um die nun leeren Tage irgendwie herum zu bringen, hat Wolfgang sich einem Wanderschäfer angeschlossen und dabei ist wohl seine Liebe zu diesen Tieren entstanden. Es war aber ein zweifelhafter Lehrmeister, der sich nicht an die Regeln hielt und die Bauern gegen sich aufbrachte, Wild -West Schäfer nannte Wolfgang ihn. Ich glaube, dass die sprichwörtliche Freiheit und Ungebundenheit eines Wanderschäfers zu seinem neuen „Easy Rider-Ideal“ wurde, dafür gab er alles.


Später wechselte er zu seriösen Wanderschäfern, half bei allem mit und lernte in der Praxis alles, was die Pflege, das Futter und vor allem auch, was die Krankheiten betrifft. Er besorgte sich zu den Schafs-Krankheiten Fachliteratur, die er abends mit Hilfe seiner „Glasbausteine“, einer Speziallesebrille mit 5 cm dicken Linsen , mühsam durcharbeitete.In den letzten Jahren konnte ich mehrfach Zeuge werden, wie der gelernte Schlosser z. B. mit einer promovierten Mitarbeiterin einer Tierärztlichen Hochschule auf Augenhöhe über ein Schaf mit dem Sommerekzem diskutierte oder Jahre zuvor am Handy fast eine Stunde lang mit einem Professor über die Blauzungenkrankheit. Deren Erreger war wohl ein von einer Saharamücke eingeschlepptes, dem Immunsystem unserer Schafe unbekanntes Virus. Weil diese Mücke wegen der warmen Winter hier überleben konnte, war die Seuche eine Folge der Klimaerwärmung, darin waren Wolfgang und ich uns einig. „Erst die Schafe, dann der Mensch“, war seine Prognose, die Pandemie hat diese auf drastische Weise bestätigt.

Wolfgang verbarg lange, dass er ein schweres Kindheitstrauma mit sich herumschleppte.Er hatte immer gesagt, dass sein Vater tot sei. Als wir uns bereits viele Jahre kannten, erzählte er aber nach einem Streit, dass dieser in Wahrheit in Ründeroth mit einer anderen Frau lebe.

Er habe seine Schwester und ihn schwer mißhandelt, das Schlimmste sei gewesen, wenn er in den stockdunklen Kohlenkeller eingesperrt worden sei. Die im Nebenhaus lebende Tante sei schließlich zum Jugendamt gegangen, das habe dem zwischenzeitlich verschwundenen Vater das Sorgerecht entzogen und ihr die Pflegschaft übertragen, weil die Messi-Mutter mit der Erziehung wohl überfordert war.

Der Hof von Meggie Lück und mir wurde für Wolfgang zu einem wichtigen Ort für sein weiteres Leben, nicht nur wegen unserer praktischen Zusammenarbeit oder dem Schutz, den ich als erfahrener SSK-Kämpfer Behörden gegenüber leisten konnte, sondern vor allem wegen der Diskussionen und Gespräche über den bedrohlichen Zustand der Welt.

Die hatten nach dem Tschernobylschock 1986 im SSK begonnen und wurden in größerem Kreis auch mit Wissenschaftlern wie der Soziologin Maria Mies oder dem Biologen Peter von Dohlen fortgesetzt.

Wir waren uns einig, dass der beginnende neoliberale Wachstums- und Konsumkapitalismus die biologischen Lebensgrundlagen und die sozialen Strukturen zerstören würde. Es müsse ein Gegenmodell im Sinne der

Subsistenzwirtschaft aufgebaut werden. Eine Wirtschaftsweise, die selbstgenügsam aus sich heraus besteht und mit einfachen Mitteln Kreisläufe schließt. Im Unterschied zu Biohöfen war eine möglichst positive Energiebilanz unsere oberste Maxime.

Erbschaften ermöglichten Meggie und mir den Versuch, das auf einer kleinen heruntergekommenen Hofstelle in Hüngringhausen auszupro-bieren . Gleichzeitig verwirklichten SSK Leute um Klaus Breidenbach und Peter Hahner in Eckenhagen eine Kompostieranlage nach demselben Prinzip.

1990 haben Meggie und ich diese Ideen in einer Broschüre mit dem Titel „Land in Sicht“ aufgeschrieben, in der bereits die Subsistenzperspektive zur Verhinderung der kommenden Klimakatastrophe dargestellt wird. Wolfgang hat die Broschüre sorgfältig mit Hilfe seiner „Glasbausteine“ studiert und hat rückblickend den vorher verhassten Hof von Opa und Oma achten gelernt. Seine Wanderschäferei, ausgestattet mit dem Nötigsten, alles zu Fuß, war ja ebenfalls ein Subsistenzprojekt.

Von unserem Hof gingen auch politische Aktionen aus, an denen er sich beteiligte. So an der Attac-Gruppe, die erfolgreich ein halb kriminelles 200 Mio Dollar Cross-Border-Leasing Geschäft des Aggerverbands mit 52 Kläranlagen verhindern konnte. Oder am „Netzwerk Gentechnikfreies Oberberg“. Er war dabei, als wir mit mehreren Treckern zwei Tage lang mit anderen Initiativen vor den Kölner Messehallen gegen die erste Konferenz internationaler, zumeist Monsanto-Gentechniker in Europa demonstrierten. Oder wenn wir hier in Oberberg mit dem Trecker und dem Attac-Anhänger Ostermärsche oder andere Demos begleiteten.

Wolfgang war stets bestens informiert über die bedrohliche Lage der Menschheit was Klimaerhitzung, Artensterben und die heraufziehende Welternährungskrise betrifft. Er hatte die Zusammenhänge besser verstanden als die Mehrheit meiner akademisch gebildeten Bekannten und Freunde. Nachts hörte er auf WDR 5 die Wiederholungen der Wissenschaftssendungen und mindestens alle 2 Tage tauschten wir unsere Informationen zu den zunehmenden Dürren, Stürmen und Starkregenereignissen aus und verzweifelten mehr und mehr an der kriminellen Ignoranz von Politik, Wirtschaft und Konsumenten.

Dass wir auf der „Highway zur Hölle sind, mit dem Bleifuß auf dem Gas“, so der UNO-Generalsekretär, scheint kaum einen zu interessieren, aber für mich mit dem weiter sterbenden Wald und dem austrocknenden Gemüsegarten ist es zunehmend bedrohliche Realität. Erst recht für den halb-blinden Wanderschäfer, der auf die kleinen Bäche in den Siefen angewiesen ist, die inzwischen regelmäßig austrocknen, wie ja auch die Weiden. Seit der Wald an den Berghängen verschwunden ist, könne man es auf seiner Grünfläche an der Agger an den Hitzetagen nicht mehr aushalten, so Wolfgang. Kasimir traf ihn klitschnass an, weil er sich zum Abkühlen mit allen Klamotten einfach in die Agger gelegt hatte.

Große Sorgen machte er sich auch wegen des anwachsenden Rechtsradikalismus, der durch die heraufziehende Wirtschafts- und Ernährungkrise weiteren Zulauf bekommen würde.

Auch das war für ihn längst keine abstrakte Zukunftsbedrohung, sondern eine ständige gegenwärtige Gefahr. Immer wieder wurde er in den letzten Jahren als sehbehinderter Mensch Opfer von rassistischen Beleidigungen und Bedrohungen. Vor allem dann, wenn er abends nach der Arbeit mit den Schafen, manchmal mit beschmutzter Arbeitskleidung und nach Schaf riechend, auf den Bus warten musste: Penner, Spasti, Zecke usw.

Bei den verbalen Angriffen blieb es nicht. In den letzten Jahren wurden einmal ein Viehanhänger und einmal ein Schuppen abgeflämmt, einmal wurde ein Hochsitz,den er benutzen durfte,mit samt seiner Habe vandalistisch zerstört und verwüstet. Anzeigen blieben ergebnislos, obwohl einmal die Freundinnen der Jugendgang namhaft gemacht werden konnten.

Hätte es solche Brandstiftungen etwa bei dem Gartenhaus des Landrats oder von anderen Angehörigen der Oberschicht gegeben, dann wäre die Polizei natürlich mit einem ganz anderen Ermittlungsaufwand vorgegangen und hätte im Fall der Hochsitzzerstörung mit Sicherheit die Bande geschnappt. Und Wolfgang somit zukünftige Überbegriffe erspart.

Polizei und Behörden verfuhren immer nach demselben Muster, wie bei einem Übergriff des Hausmeisters der Theodor Heuss Stiftung: Der schmiss Rasenschnitt einfach über den Zaun auf Wolfgangs Schafweide, woraufhin ein Schaf an einer Kolik elendiglich verreckte. Trotz wüten-dem Protest von Wolfgang geschah das ein zweites Mal. Als auch das zweite Muttertier trotz seiner Rettungsversuche verendete, rannte er vor Wut und Verzweiflung schreiend auf der Weide hin und her, wüste Drohungen gegen den Hausmeister ausstoßend. Wolfgang wurde deshalb bestraft, der Tierquäler und Schafmörder blieb unbehelligt.

Es häuften sich derartige Vorfälle und es sammelten sich bei den Behörden Aktenvorgänge im Zusammenhang mit dem Schäfer. Häufig ging es darum, dass Angehörige der „ Freizeit und Spaßgesellschaft“ ihre Hunde frei laufen ließen, die dann in Wolfgangs Herde einfielen und Schafe hetzten oder verletzten. Die Folge derartiger Übergriffe war nicht etwa eine bessere Durchsetzung der Rechte des sehbehinderten Schäfers durch Polizei und Behörden, sondern die Vorladung eines Psychiaters vom Gesundheitsamt.  


Dies hätte der Beginn einer Karriere als Psychiatriepatient sein können, in der Wolfgang vermutlich immer wieder oder für lange Zeit wegen seiner Aufsässigkeit in der Geschlossenen gelandet wäre.

In diesem Fall reichte meine Begleitung, welche dem Psychiater die harten Auseinandersetzungen des SSK mit der Anstaltspsychiatrie in Erinnerung rief, um von Wolfgang abzulassen.

Den Versuch eines Anwalts, Wolfgang einen Vermögenspfleger zu verpassen, konnten wir vor Gericht abwehren.

All diese demütigenden Vorgänge haben Wolfgang aber immer aufs Neue signalisiert, dass er nicht in die Normalgesellschaft gehöre, dass er minderwertig sei und sich mit seinem Platz als Hilfsempfänger abfinden müsse.

Die Normalgesellschaft durfte Wolfgang auch bei einem anderen Vorfall kennenlernen. Im Bus beugte sich ein Mann, der ihm als Bergneustädter Neonazi bekannt war, in Richtung einer dunkelhäutigen Frau vor und schrie sie hochaggressiv an: „ Mach das Handy aus und halt deine verdammte schwarze Fresse!“

Als der Fahrer einschritt, ging er auf diesen los und beschimpfte und bedrohte ihn, weil er solche Untermenschen befördere. Der Fahrer hielt den Bus an und rief die Polizei, welche dann die Personalien des Nazis aufnahm und ihn aus dem Bus entfernte. Als die Beamten die Personalien der gut 10 anderen Fahrgäste wegen Zeugenaussagen aufnehmen wollten, hatten sie alle leider diesen rassistischen Exzess nicht mitbekommen. Soviel zur charakterlichen Behinderung der „deutschen Normalgesellschaft“! Mit Wolfgang verfasste ich seine schriftliche Zeugenaussage für den Staatsschutz, wodurch er als einziger Zeuge neben dem Busfahrer natürlich ein weiteres Mal ins Fadenkreuz der Rassisten und Nazis geriet.

Einige Wochen vor seinem Tod wartete er gegen Mitternacht an der Halte-stelle in Dieringhausen auf den Bus. Er hatte so spät noch hüten müssen, weil die Schafe an dem Hitzetag erst abends zu fressen begannen. Da tauchten wieder 4 Jugendliche auf, die ihn beleidigten und verhöhnten.Als der Bus kam und Wolfgang einsteigen wollte, kam einer und schlug ihm von hinten mit Wucht eine Eisenstange auf den Kopf. Der Busfahrer rief die Polizei, als die eintraf, war die Gang natürlich verschwunden. Mit einer Platzwunde und schweren Kopfschmerzen erschien er am nächsten Tag in Bomig bei den Schafen, Sandra und ihr kleiner Sohn kümmerten sich um die Herde, damit er sich ausruhen konnte. So weit ich weiß, hat Wolfgang seitens der Polizei oder anderen Behörden bis zu seinem Tod nichts mehr davon gehört.

Stellen wir uns vor, es hätte einen derartig brutalen Angriff einer rechten Schlägertruppe auf einen Lokalpolitiker oder irgendeinen hiesigen Promi gegeben: Sofort wäre eine Sonderkommission zusammengestellt worden und hätte wegen versuchtem Mord ermittelt, wochenlang hätten die Medien berichtet, in Leserbriefen hätte man härteres Durchgreifen gefordert, „Oberberg ist bunt, nicht braun“ hätte eine Mahnwache abgehalten usw. ….

Aber nichts dergleichen bei dem unliebsamen, sehbehinderten Schäfer. Es wird ja irgendein Ermittlungsverfahren gegeben haben, aber wohl eher auf der Ebene eines Nullachtfuffzehn-Blechschadens, unter ferner liefen.

Deutlicher kann der Staat einem Bürger nicht zu verstehen geben, dass er nicht dazu gehört, ausgeschlossen ist aus der normalen Gesellschaft, wert-los,wie menschlicher Müll.

Was für ein Lebensgefühl mag es wohl sein, wenn man wie Wolfgang auf den Bus angewiesen ist und jederzeit bei Tag damit rechnen muss, angepöbelt und beleidigt und bei Dunkelheit zusammengeschlagen zu werden? Und ständig erfährt, dass es die Behörden nicht sonderlich interessiert?

Eine offensichtliche, demütigende Missachtung war es auch, dass er immer wieder um sein Recht kämpfen musste, wonach der Jagdpächter die Wildschwein-Schäden beseitigen und den Futterausfall bezahlen muss. Das war bei seiner Hofwiese auch dieses Jahr der Fall.

Im Frühjahr hatte sich der Jagdpächter bei einem Ortstermin mit dem Ordnungsamt verpflichtet, die Schäden beheben zu lassen. Er hat aber nur einen Teil der aufgewühlten Böden fräsen und walzen lassen, dabei arg-listigerweise keinen Grassamen in die Maschine eingefüllt, so dass kein Futtergras nachwachsen konnte. Danach kamen die Schweine noch zwei-mal, das Ordnungsamt lehnte es aber ab, die neuen Schäden aufzunehmen mit der offensichtlich falschen Begründung, es handle sich um die alten, bereits verhandelten.

Weil die Biostation die artenreiche Wiese fördern wollte, rief ich den Eigentümer an, um eine Unterschrift einzuholen und erfuhr, dass der die Wiese ein paar Tage zuvor dem Jagdpächter verkauft hatte. Da der reiche Dieselhändler ja mit der Wiese nichts anfangen konnte, ging es allein um die Vertreibung des Schäfers. Ohne diese Hofwiese aber hätte Wolfgang seinen Betrieb aufgeben müssen, der Schock war entsprechend groß. Wir fanden aber den rettenden Ausweg: Das landwirtschaftliche Vorkaufsrecht. Da seine Ersparnisse für den Kaufpreis reichten, habe ich für Wolfgang einen Brief an die Landwirtschaftskammer verfasst und das Vorkaufsrecht beansprucht. Wolfgang wäre Eigentümer geworden.

Am Morgen des 12. Juli unterschrieb Wolfgang den Brief; während ich ihn zur Post brachte, packte er sein Bündel, ging zur Wiese, kündigte den Brief unterwegs per Handy bei der LWK an und bekam eine eiskalte Dusche: Er sei mit seinen 7,5 ha vom Vorkaufsrecht ausgeschlossen, das gelte nur für Betriebe mit mehr als 8ha. Weitere Anrufe des geschockten Schäfers wurden mit der Bemerkung quittiert, so sei eben das Gesetz.

Auf der Wiese angekommen, ließ Wolfgang seine Schafe frei und nahm sich das Leben.

Mich erinnert das an eine Treibjagd.

Diese Enttäuschung war nach all den anderen diejenige, die zuviel war. Zum Schluss wurde der sehbehinderte Schäfer also auch noch Opfer eines staatlich geförderten, neoliberalen, mörderischen Wachstumskapitalismus, der unter Verstoß gegen das Gleichbehandlungsprinzip die Kleinbauern verdrängt, damit die Großen noch weiter wachsen können. Dabei hätte er für seine Lebensleistung höchste staatliche Anerkennung verdient (z. B. den Rheinlandtaler des LVR), hat es doch einer unglaublichen geistigen und körperlichen Kraftanstrengung bedurft, damit dieser schwerbehinderte Mensch sich aus der Rolle eines staatlichen Hilfsempfängers befreien, gegen enorme Widerstände einen landwirtschaftlichen Betrieb gründen und eine selbstbestimmte Existenz als Wanderschäfer aufbauen konnte.

Wolfgang war, wie gesagt, besser informiert über die drohenden Menschheitsgefahren durch das Klimadesaster und das Artensterben als viele meiner akademisch gebildeten Freunde und Bekannten. Er hatte die ökologischen Zusammenhänge unserer natürlichen Lebensgrundlagen verstanden und erlebte deren fortschreitende Zerstörung ja auch hautnah. Wir teilten ähnlich radikale politische Positionen, Wolfgang die härtere.

Einig waren wir uns aber darin, dass gegenüber dem WeiterSo der Regierung beim grün lackierten Wachstumskapitalismus und dem kriminellen Überkonsum der Wohlhabenden und Reichen Widerstand berechtigt und notwendig sei: Auch radikaler noch als der, den die verzweifelten, tapferen Menschen der Letzten Generation leisten.

Einige Wissenschaftler vergleichen seit langem die fortschreitende Schädigung der Atmosphäre mit einem Krieg gegen das Klima, welches immer härter zurückschlagen werde. So gesehen führt der reiche Teil der Menschheit einen Völker- und Menschenrechtswidrigen Angriffskrieg gegen unser aller Lebensgrundlagen: Seine Kriegsmarine besteht aus monströsen Kreuzfahrtschiffen, seine Luftwaffe aus abertausend Ferienfliegern, welche gemeinsam mit zahl-losen Verbänden von SUV-Panzern Tag für Tag Zerstörungen anrichten, welche in der Konsequenz einem Atomkrieg nahekommen werden.

Es ist dieser Überkonsumismus den Wolfgang mit dem Begriff „Freizeit-und Spassgesellschaft“ bedachte und deren Vertretern galten regelmäßig seine lautstarken Beschimpfungen.

Einig waren wir uns darin, dass jede wirklich „werteorientierte“ Regierung sofort radikal bei der Produktion und dem Verbrauch von Luxusgütern abrüsten müsste und dass die unsere aber das genaue Gegenteil tut. Und dass jeder Mensch, der guten Willens ist, diesen Kriegs- bzw. Konsum-dienst verweigern müsste. Und so das nicht geschieht, es aus ethischen Gründen geboten wäre , diese Klima- Kriegsmaschine zu blockieren, zu sabotieren und deren Angriffs- Waffen zu zerstören, notfalls auch mit Gewalt.

Oder besser noch: Schwerter zu Pflugscharen zu machen: Die Flieger zum Feuerlöschen umzubauen und den armen Ländern zu schenken, die Kreuzfahrtschiffe enteignen und an die absaufenden Elendsstädte des Südens andocken, wo sie mit ihrer perfekten Infrastruktur einer europäischen Kleinstadt, mit regenerativer Energie betrieben, Krankenhäuser, Schulen und klimagerechte Gewerbebetriebe aufnehmen könnten. Hinsichtlich einer Weiterverwendung der SUVs blieben wir ratlos und kapitulierten angesichts deren kompletter Nutz- und Sinnlosigkeit.

Dass solche Überlegungen Träume bleiben, die an der Realität scheitern, das wussten wir beide. Und regelmäßig machte sich deshalb Verzweiflung breit.

Auch Wolfgang sah die große Gefahr, dass die kommenden Mangellagen und Ernährungskrisen viele unserer Mitbürger in die Arme der Rechts-radikalen mit ihren einfachen „Lösungen“ treiben werde. Bei seinen vielen Gesprächen mit Spaziergängern beim Schafehüten traf er immer öfter auf AfD-Anhänger. Als schlimmer noch empfanden wir beide das rasante Abdriften des gesamten Parteienspektrums nach rechts und dass eine Art Wohlstandsverteidigungsfaschismus in der Festung Europa die Oberhand zu gewinnen scheint.

Düstere Aussichten auch und gerade für Menschen mit Behinderung. Soeben hat Höcke ja mit der Ablehnung der Inklusion, weil behinderte Menschen die „Normalen“ und ihre Einrichtungen stören und schädigen würden, die Tür für die „ Aussonderung der Entarteten“ ,wie es vor 45 hieß, ideologisch wieder geöffnet. Damals haben die Nazis mehr als 200 000 von ihnen als „unnütze Esser“ und „Ballastexistenzen“ vernichtet.

Wolfgang hätte sicher dazu gehört.

Eine Woche nach seinem verzweifelten „Freitod“, der so gar nicht „frei“ war, bin ich mit Casimir zur nächst gelegenen nationalsozialistischen „Euthanasie“- Tötungsanstalt in Hadamar gefahren, die als Gedenkstätte noch vollständig erhalten ist.

Das wirklich Entsetzliche daran ist der Charakter einer mit deutscher Gründlichkeit eingerichteten ganz normalen Handwerksfirma mit optimierten, arbeitsteiligen Abläufen: von der Ankunftshalle für die grauen MAN-Busse mit zulackierten Fenstern, der Registrierung, dem Auskleideraum, der als Dusche getarnten Gaskammer, dem Sektionsraum mit Seziertisch für medizinisch interessante Leichen, dem 20 m langen Gang zu den Verbrennungsöfen, gefliest, damit die Leichen beim dahin Schleifen besser rutschen. Auf einem Foto posiert gut gelaunt die ca 30köpfige Belegschaft, für die es nach einer Eingewöhnungsphase offensichtlich ganz normale Arbeitsplätze waren. In 7 Monaten haben sie 10 270 Menschen vergast und verbrannt, beim 10 000sten hat der „Betriebsleiter“ Bier ausgegeben, um den Erfolg zu feiern. Das Opfer, ein Mann mit Wasserkopf, lag dabei noch auf dem Seziertisch. Das meinte Hannah Arendt wohl mit der „ Banalität des Bösen“.

Auf der Heimfahrt bekam ich Zeilen aus Paul Celans „Todesfuge“ nicht mehr aus dem Kopf:

Der Tod ist ein Meister aus Deutschland, er ruft streicht dunkler die Geigen, dann steigt ihr als Rauch in die Luft, dann habt ihr ein Grab in den Wolken, da liegt man nicht eng…..Der Tod ist ein Meister aus Deutschland“

Seit meiner 68er Zeit war die Vernichtung sog. „unwerten Lebens“ durch die Nazis und der Kampf im SSK gegen die bis in die 80er anhaltenden Menschenrechtsverletzungen durch Nazigeist und Nazipersonal in der Anstaltspsychiatrie und in den Erziehungsheimen ein großes Thema meines Lebens. Immer noch setze ich mich dafür ein, endlich die ober-bergischen Krankenmorde und Zwangssterilisierungen aufzuklären und die Täter zu benennen.

Aber gerade Wolfgangs Leben und Wolfgangs Tod nähren in mir die lähmende Befürchtung, dass die monströsen Menschheitsverbrechen der Nazizeit nicht nur (teilweise unaufgearbeitete) Vergangenheit sind, sondern wieder zu einer schrecklichen Gegenwart werden könnten.

Es kann sein, dass manche es als unpassend empfinden, dass ich solche politischen Ausführungen bei einer Trauerfeier mache. Ich habe es getan, weil ich sicher bin, dass Wolfgang genau das von mir verlangt.

Er wird mir als Freund fehlen, als kompetenter Gesprächspartner und vor allem als einer, der niemals Ruhe gab. Und ich werde eine laute Stimme am Telefon vermissen, die sich nicht mit Namen meldet, sondern immer nur mit dem Spruch: „Watt sachste“  


Auf der Download-Seite gibt es weitere Texte zu Wolfgang, verfasst von Freunden.

 

Leserbrief zu „Frust über die Aggerenergie sitzt tief“

Mit großem Erstaunen lese ich, dass neuerdings der Ruf der Aggerenergie im Bergneustädter Stadtrat „unterirdisch“ ist. Es ist nämlich noch nicht sehr lange her, dass der Rat mit breiter Mehrheit die Wirtschaftsinteressen der Aggerenergie zu den seinen machte, indem er völlig kritiklos deren Angaben übernahm und – man höre und staune – die Gründung eines Stadtwerks ablehnte.

Nach den „Fukushima-Demos“ in Bergneustadt hatte ich eine von ca 80 Bergneustädtern unterschriebene Einwohneranregung eingereicht, welche aus ökologischen und ökonomischen Gründen die Einrichtung eines Stadtwerks verlangte und dabei auf sehr erfolgreiche Beispiele verwies, vor allem auf das der Gemeinde Nümbrecht. Der damalige Beigeordnete Falk (heute Aggerverband) führte aber aus, dass in Bergneustadt ein Stadtwerk unwirtschaftlich sei. Er berief sich dabei, wenn ich mich richtig erinnere, ausgerechnet auf Berechnungen der Aggerenergie, die natürlich geschäftliche Einbußen zu befürchten hatte.

Bergneustadt hätte die Stromleitungsrechte, deren Neuvergabe anstand, selbst übernehmen können: Längerfristig eine wichtige Voraussetzung auch für die Wirtschaftlichkeit. Wie so viele andere wurde auch diese Chance verpasst.

Auch damals konnte jeder wissen, dass die Aggerenergie keineswegs als sogenannter „kommunaler Versorger“ ein oberbergisches Energieunternehmen ist, welches dem Wohlergehen unserer Heimat verpflichtet ist. Sie gehört vielmehr zu 65 % dem riesigen Rheinenergie-Konzern mit seinen Kohle-kraftwerken, an dem wiederum RWE beteiligt ist. Die PR-Auftritte als lokales Unternehmen halte ich daher genauso für Verbrauchertäuschung wie die ständigen Inszenierungen als Klimaschützer.

Bei der jetzt offenkundig gewordenen Zukunftsblindheit des damaligen Stadtrats , in dem schon viele der heutigen Mitglieder saßen, scheint es sich also um eine unselige Melange aus Inkompetenz und Filz zu handeln. Mein Frust darüber sitzt nicht nur tief, angesichts der wachsenden Bedrohungen, der vertanen Zeit und der verlorenen Handlungsoptionen grenzt er mittlerweile an Verzweiflung.

Leserbrief zum Artikel „Antidepressiva sollten vom Markt“

Hut ab vor dem Mut von Dr. Maß, deśsen Forschungsergebnisse einen medizinischen Skandal offenlegen: „Antidepressiva helfen nicht bei der Behandlung von Depressionen“. Langfristig würden sie sogar eher schaden als nützen. Da macht also die Pharmaindustrie Riesenprofite, indem sie Ärzte dazu verführt, zahllosen leidenden Patienten Scheinmedikamente zu verordnen und sie somit in ihrem Elend allein zu lassen.

Dr. Maß empfiehlt stattdessen Psychotherapie. Das Angebot deckt aber bei Weitem nicht den Bedarf, dabei breiten sich die Depressionen aus wie ein Flächenbrand und sind längst zur Volkskrankheit geworden.

Am 17.4. konnten wir in dieser Zeitung unter der Schlagzeile „Lähmende Furcht vor der Zukunft“ lesen, dass laut AOK sich 59 % der 16- bis 25jährigen große Sorgen über den Klimawandel machen, sie empfinden Klimaangst. „Klimaangst beschreibt dabei ein Gefühl von Panik, Sorge und Angst vor den Folgen und Unsicherheiten, die die Klimakrise mit sich bringt“.

Die läßt sich allerdings auch durch Psychotherapie nicht behandeln, denn diese Angst beruht auf sehr realen Bedrohungen, sie kommt nicht aus kranken Seelen, sondern aus kranken gesellschaftlichen und ökonomischen Verhältnissen. Die Katastrophe, auf die wir mit der Wachstumswirtschaft und dem Überkonsum-Lebensstil zu rasen, ist auch hierzulande an Ahrflut, Dürren oder Waldsterben längst offensichtlich geworden. Der UNO Generalsekretär warnt eindringlich„ die Menschheit sei dabei, kollektiven Selbstmord zu begehen“.

Dennoch sind Regierung, Wirtschaft und wir Konsumabhängigen nicht bereit, beim materiellen Wohlstand zurück zu stecken, zu verzichten und mit dem ( Über)Lebensnotwendigen auszukommen. Das müssten wir aber, um Rettungswege aus der Abwärtsspirale möglich zu machen und heilende Hoffnung zu gewinnen.

Insofern ist jedes Projekt für ein genügsames Leben auch ein Antidepressivum gegen die grassierende Klimaangst, ebenso wie die gewaltlosen Versuche verzweifelnder Menschen von Extinction Rebellion oder Letzte Generation, die lähmende Verdrängung des stupiden Weiter-So offenzulegen und unseren Zug motorisierter Lemminge vielleicht noch vor dem Abgrund einer dystopischen Welt zum Stehen zu bringen.

Leserbrief zum Artikel „Wie radikal ist die Letzte Generation?“

Ich finde es erschreckend, mit welch einer kaltschnäuzigen Ignoranz der Religionspsychologe die Realität des Klimawandels relativiert, die Gefahren leugnet und die meist jungen Menschen der „Letzten Generation“ als quasi religiöse Sekte wie die Zeugen Jehovas diffamiert.

Ich bin 79 Jahre alter Ökobauer und habe den Hof und mein Konsumverhalten bereits vor 30 Jahren auf den Klimawandel eingestellt und das 1990 in der Broschüre „Land in Sicht“, die im Netz zu finden ist, aufgeschrieben.

Seitdem erlebe ich nah an der Natur, dass die warnenden Prognosen der Wissenschaft stets von der Wirklichkeit überholt wurden und ich brauche schon lange keine wissenschaftliche Bestätigung mehr für die herannahende Klima-Katastrophe. Der tote Fichtenwald, der sterbende Laubwald, die zunehmenden Dürren und Starkregenereignisse wie an der Ahr: Das sind nicht „vorläufige Fakten“, „eine von mehreren Hochrechnungen“, oder eine „Reduzierung der Wirklichkeit“. Und es ist auch nicht die biblische Apokalypse oder die „Angst vor dem Weltuntergang“, welche die Aktivisten antreibt, sondern die höchst real drohende Welternährungskrise durch die fortschreitende Zerstörung von Acker- und Weideland. Hat der Vulgärpsychologe noch nicht bemerkt, dass bereits Millionen Mitmenschen, gerade z.B. in Pakistan oder Ostafrika, durch Fluten oder Dürren verelenden und (ver)hungern müssen, aber wir in den Wohlstandszonen der Welt mit unserem Überkonsum die Hauptverursacher sind? Und dass die Zeit für eine radikale Umkehr davon läuft, weshalb die jetzige Generation tatsächlich die letzte ist, welche die ganz große Katastrophe noch verhindern kann. Deshalb zeugt es gerade von Mitgefühl, auf Auto- und Startbahnen das stupide tödliche WeiterSo immer wieder mal zu stoppen.

Der UNO-  Generalsekretär fordert von uns Reichen immer verzweifelter eine drastische Reduktion von Klimagasen, die Menschheit sei dabei, „kollektiven Selbstmord zu begehen“. Wir befänden uns auf „ dem Highway zur Klimahölle mit dem Bleifuß auf dem Gas“. Haben Sie, Herr Utsch, eine Erklärung dafür, wie ein so total abgedrehter Sektenguru und Panikmacher ausgerechnet mit diesem enorm wichtigen Posten betraut werden konnte?

Disput mit einem guten Freund

Betreff:     Re: Franz Alts Ukraine-Appell
Datum:     Fri, 10 Feb 2023 14:57:10 +0100
Von:     Lothar Gothe
An:     richard……@gmx.de

Lieber Richie,

du schreibst schon wieder „DIE“ Ukrainer. Die gibt es nicht. Nicht alle haben sich für Widerstand „entschieden“, z.B. eine beachtliche russisch-sprachliche Minderheit im Donbass  nicht, der  ( wie etwa bei den Basken) eine in Minsk zugesagte Autonomie versagt wurde. Du verfällst dem Denkmuster, dass dem Kriegsverbrecher und Diktator Putin, dem absolut Bösen, die demokratische Ukraine als das absolut Gute gegenüber steht. Das ist pure Westpropaganda, das „Böse“ (Oligarchie) gibt es auf beiden Seiten und ebenfalls Lügenpropaganda.
“ Im Westen nichts Neues“ ist gerade neu verfilmt worden, erinnert dich das tagtägliche sinnlose Sterben in den Schützengräben des „Abnutzungs“-Stellungskriegs nicht auch an Weltkrieg 1? Und der von Regierungen und den Medien entfesselte widerliche Nationalismus, Militarismus, Heroismus auf beiden Seiten ? Und die medialen Inszenierungen der jeweiligen Kriegsherren, deren Kinder wie z.B. der Sohn von Melnyk nicht an die Front müssen, weil sie  als Studenten freigestellt sind ?

Ich habe hier einen alten Familiengrabstein, auf dem der Name meines 1916 im Schützengraben zerfetzten Opas eingraviert ist und dem Drecksspruch, er habe  als „Held fürs Vaterland nicht vergebens gekämpft“.Daneben ein zynisches eisernes Kreuz mit einem „W“ in der Mitte, für Wilhelm, „seinen“Kaiser und  Schreibtischmörder.   Ich glaube nicht, dass er freiwillig seine Frau und die drei kleinen Kinder für den „Kaiser“ verlassen hat, die in bitterer Armut zurückblieben. Das wird auch bei dem Franzosen im Dreckloch gegenüber nicht anders gewesen sein.
Wenn die UNO eine mächtige neutrale Kraft wäre und eingegriffen hätte und die Interessen an den Ressourcen offengelegt und für eine einigermassen gerechte und demokratisch legitimierte Verteilung gesorgt hätte, dann hätte sicher weder das russische noch das ukrainische  “ Kanonenfuttervolk“ für Krieg gestimmt. Das ist nämlich die zweite Front, die  zwischen unten und oben, Kriegsopfern und Kriegsgewinnlern.

Ist es denn nicht völlig ernüchternd, dass die  Ausplünderung der ukrainischen Bevölkerung durch die korrupte Oberschicht hinter den Kulissen der vaterländischen Freiheitskampf- Aufführung gnadenlos weitergeht und sich sogar Regierungsmitglieder an den Nahrungsmitteln der armen Säue an der Front bereichern ? Und dass westliche Firmen vor und hinter den Kulissen weiter Öl-und andere Geschäfte mit dem Teufel Putin machen (dürfen) und damit den furchtbaren Angriffskrieg die ganze Zeit mitfinanzieren und insofern von der russischen Seite aus mit auf die Ukrainer schießen ?
Wie kannst du denn da so sauber zwischen Gut und Böse unterscheiden ? Haben wir werteorientierten demokratischen Wölfe nicht am Ende unsere Reisszähne in dieselbe Beute geschlagen, genauso gierig,  wie der blutrünstige Leitwolf Putin vom anderen Rudel?
Wäre mein Vorschlag des zivilen Widerstands nicht die einzig mögliche Rettung für abertausende russische und ukrainische Opfer des „Kanonenfutters“?
Was haben die überlebenden Traumatisierten und Verkrüppelten denn von einer “ befreiten“verwüsteten  Ukraine ?? Hätten sie als zwangseingemeindeter Teil von Russland nicht die Demokratiebewegung deutlich verstärken können und mithelfen, die Diktatur von Putin& Co zu beenden und dann unter UNO-Regie wirklich frei über den Ukraine- Status abstimmen? Bei einer friedlichen Teilung hätten russische Kapitalisten allerdings so wenig wie die westlichen über die ukrainischen Ressourcen verfügen können.
Selbst wenn nach Jahren Abnutzungskrieg die Russen vom ukrainischen Territorium vertrieben wären, herrschte  dann Frieden ? Oder nicht vielmehr andauernde latente Kriegsgefahr an einer ultra-hochgerüsteten Grenzbefestigung?
Wieviele schwere Waffen hatte denn eigentlich Gandhi zur Verfügung, um die damalige, ebenfalls äußerst brutale Weltmacht Großbritannien in die Knie zu zwingen ? Ich bekomme “ Draußen vor der Tür“ von Borchert nicht aus dem Kopf und diese grauenhaft elende, leere menschliche Hülse, die der Krieg vom überlebenden Landser übrig gelassen hatte. Das hat mich als Schüler erschüttert und ich habe den Krieg hassen gelernt. Haben wir all das total vergessen  ?

Grüsse,
Lothar

Am 05.02.23 um 20:44 schrieb richard……@gmx.de:

Lieber Lothar,

Danke für Deine umfassende Antwort, die ich sehr gut verstehen kann. ABER, Tatsache ist, dass die Ukraine sich nicht für „subversiven Widerstand“ im Hinterland der russischen Besatztruppen entscheiden hat, sondern in gewisser Weise wie die Kurden für einen militanten Widerstand mi der Unterstützung des Westens gegen den russischen Aggressor.

Das ist die reale Ausgangslage. Und auf diese müssen wir auch in Hinblick auf Deine korrekte Analyse als „Putin-Versteher“ eine Antwort finden. Und die kann nicht darin bestehen einfach weiter zu eskalieren mit immer mehr Waffenliegerungen bis hin zum möglichen Nato-Truppeneinsatz mit der möglichen Folge eines atomaren Infernos aber auch nicht in „Appeasement“, d-h- einem Friedensschluss mit Putin um jeden Preis.

Diesem realen Dilemma können und dürfen wir nicht ausweichen. Also brauchen wir einen schnellstmöglichen Waffenstillstand, einer Feuerpause, eines Einfrieren des Krieges, wohl wissend, dass sowohl der Westen aber auch Putin beidseitig nur darin einwilligen, wenn sie glauben ihren jeweiligen Zielen, nämlich der Eingliederung der UKRAINE in ihren jeweiligen Herrschaftsbereich damit näher kommen zu können.

Wir sind uns einig darin, dass es um einen schnellstmöglichen Stopp aller Kampfhandlungen geht, damit des gegenseitige Abschlachten weitgehend verhindert wird, ohne indes die russische Aggression zu billigen.

Deswegen. Lieber Lothar, sind solche Überlegungen, die Du anstellst nicht zielführend. Und dies verstehe ich als „Realpolitik“,  von dem auszugehen, was ist, und dennoch einen wie auch immer gearteten Weg zum Frieden für die geschundene Bevölkerung zu finden.

Und richtig ist und bleibt, dass wir also konkret uns noch mehr abkoppeln müssen von der konzerngesteuerten Globalisierung. Konkret ist es ja so, dass die französische Atomkraftindustrie weitgehen d vom Staat gesteuert nach wie mit der russischen Rostam wegen der Brennstoffe kooperiert. Der Profit zählt über jedes Menschenleben hinweg auf beiden Seiten.

Konkret bedeutet dies , all das was Du an innerlichen Banden zwischen den Herrschenden auf allen Seiten aufzeigst von uns aufgedeckt werden muss und eben deshalb wir uns darauf fokussieren sollten auf das Leiden der Bevölkerung auf allen Seiten, wir die Soldaten auf allen Seiten ermutigen sollten für einen Verständnisfrieden und nicht für einen Siegfrieden einzutreten.  Aber die Agression von Putin darf nicht belohnt werden, genauso wenig wie die Agression von Erdogan gegen die Kurden.

Insofern ist der Appell von Franz Alt m.M.n. nicht bloß ein Appell der ins Leere läuft, sondern versucht darzustellen, dass nicht allein Putin der „böse Bube“ ist.

Aber richtig bleibt, dass wir angesichts der Folgen des menschenverursachten Klimawandel uns solche Kriege um Macht, Vorherschaft usw. überhaupt nicht leisten können. Sie geschehen aber trotzdem.

Soweit meine Entgegnung.

Frage? Bist Du einverstanden, dass ich unseren Dialog neinen Mitsztreiter*inn im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Frieden zugänglich mache? Wenn ja, dann gib mir bitte Dein OK,

Richie

*Von:* Lothar Gothe <lo……….@westhost.de>
*Gesendet:* Sonntag, 5. Februar 2023 18:44
*An:* Richard <richard…..@gmx.de>
*Betreff:* Franz Alts Ukraine-Appell

Hallo Richie,

jetzt muss ich mir mal zum Ukraine Krieg echt Luft machen:

Der moralische Appell von Franz Alt läuft völlig ins Leere, weil er den riesigen Elefanten im „Kriegs“raum nicht sieht: Die globale Gefahr der nahenden Klimakatastrophe, welche  durch  eine anwachsende Welternährungskrise  das Überleben der Menschheit in Frage stellt, weil sie immer mehr landwirtschaftlich nutzbare Böden zerstört. Nur vor diesem Hintergrund lässt sich der Angriffskrieg des angeblich wahnsinnigen Putin erklären.

Welche enorme Bedeutung die äußerst fruchtbare Schwarzerde der Ukraine für die Welternährung hat, zeigte sich ja daran, wie der Getreide- und Ölpreis in Höhe schoss, als der Krieg den Export blockierte. Nun ist es aber nicht so, dass die reichen Bodenschätze und die guten Ackerböden DEN Ukrainern gehören und Putin sie jetzt der Bevölkerung  wegnehmen will.

Zum größten Teil sind sie nämlich nach 2014 in den Besitz von ukrainischen Gangster-Oligarchen geraten, welche das Land an ausländische Großagrarier und Finanzinvestoren verpachtet haben( An Ausländer verkaufen geht erst nach EU-Beitritt) Zutiefst korrupten Regierungs- und Verwaltungsstrukturen ist es zu verdanken, dass dieses Ressourcen-reiche Land das ärmste in Europa ist und zu den ärmsten der Welt gehört, der Mindestlohn beträgt ca 75 Cent .Deshalb glaube ich auch, dass die vielen armen Ukrainer  nicht zu den Flüchtlingen gehören, die hier ankommen, sie haben gar kein Geld für die Flucht.

Hier ist immer die Rede von DEN Ukrainern, welche für ihre und unsere Freiheit kämpfen und sich gegen den Angriffskrieg DER Russen verteidigen. Mit kann keiner erzählen, dass der ukrainische Hungerlöhner freudig sein Leben hingibt, weil er unbedingt von einem ukraininischen  Bonzen statt von einem russischen ausgebeutet werden will.Es ist ja nicht seine „Freiheit“ für die er kämpfen muss, sondern die seiner Oberschicht und die von uns westlichen Konsumenten.Das weiß er auch, es sei denn, er ist durch die Propganda der PR-TV-Soap- Regierung verblödet, wie etwa vor 45 unsere Eltern. Dass er diesen  – in unseren Medien als heldenhaft verklärten- mörderischen Kampf ebensowenig  freiwillig führt wie der einfache Russe auf der anderen Seite der Front, zeigt sich schon daran, dass Kriegsdienstverweigerung ( ein Menschenrecht!) mit langjährigem Gefängnis bestraft wird: „Kanonenfutter“ wie eh und je, hier wie da.

Auf beiden Seiten ist es jetzt schon die einfache Bevölkerung, die den Krieg verloren hat, vor allem aber die ukrainische ( der wir doch angeblich zu Hilfe kommen): Ein riesiger Blutzoll, abertausende Tote und Verletzte, zerstörte Städte, kaputte Infrastruktur, Elend in einer vielleicht “ befreiten“ Trümmerwüste ist auf Jahrzehnte vorprogrammiert. Derweil sitzen hierzulande  die vereinigten Zyniker aller Parteien in den bequemen Sesseln der Talkshows,  ganz vorne die Grünen, und kommentieren diesen Todesfuror wie ein internationales Sportereignis: Vergleichen Kenntnisreich die Waffensysteme, analysieren cool die jeweilige Taktik und  überbieten sich in der Forderung nach schweren und immer noch schwereren Waffen bis hin an den Rand eines Weltkriegs.

Währendessen gerät eine Todesgefahr völlig aus dem Blick, die uns selber und ganz sicher unseren Kindern droht: Die Folgen der heran nahenden Klimakatastrophe. Im Ukrainekrieg sterben zwar die anderen, aber wir hier leiden auch unter den Kriegsfolgen, weil steigende Energie- und Lebensmittelpreise den Konsum einschränken, was natürlich auch wieder die Armen besonders trifft. Wie bei Drogensüchtigen hat wegen Putins Gassperre die Angst vor dem Entzug dazu geführt, sämtliche Mauern der Vernunft einzureißen und auf Teufel komm raus die eben noch zu Recht  geächteten allerübelsten Fossilen wie Frackinggas und Braunkohle zu aktivieren. Also schwere und schwerste Waffen gegen das Klima zu richten, damit unser konsumistisches Wohlleben auf keinen Fall geschmälert werden muss. Dabei müssten wir Militärexperten doch wissen, mit welcher Übermacht das zum Feind gemachte Klima zurückschlägt: Sind die verdorrten und brennenden Wälder denn nicht Warnung genug oder die Verwüstungen an der Ahr, welche so gründlich die russische Armee nicht hingekriegt hätte?

Um Putin zu verstehen, müssen wir wohl den Blick zunächst einmal auf uns selber richten: Ist es denn nicht  dieselbe Beschaffungskriminalität, wie Putin sie in der Ukraine an den Tag legt, mit welcher der reiche  Westen sich seit Jahrhunderten Rohstoffe und Arbeitskraft auf dem ganzen Globus aneignet, auch unter Anwendung struktureller und kriegerischer Gewalt? . Ist es nicht dieselbe Hab- und Raffgier, die ihn und uns beherrsch? Ist das denn nicht der Grund dafür, dass viele Länder des Südens dem Westen die Solidariät gegen Putin verweigern? Müssten wir dann nicht einmal erst unserer Gier zumindest Zügel anlegen, damit wir einigermaßen glaubwürdig Putins anprangern können? Und da wir auf dem größten Haufen sitzen, mit Verzichten, Abgeben und Teilen vorangehen ?

Ich wage jetzt mal einen Gedanken, den man in diesem Kriegsbesoffenen  Land öffentlich wohl nicht mehr äußern darf:
Ich stelle mir mal vor: Die Ukraine hätte den russischen Truppen keinerlei militärischen Widerstand geleistet und fortan passiven Widerstand geübt; und wir im Wohl-standseuropa hätten die Wirtschaftsbeziehungen zu Russland wirklich gekappt, indem wir den Konsum und damit die Warenproduktion, den Energieverbrauch und die Mobilität drastisch auf die Hälfte reduziert hätten: Wir hätten ein paar harte Jahre für die Anpassung gebraucht, die Reichen zum Verzicht und zur Solidarität mit den Armen zwingen müssen,aber wir hätten nicht hungern und frieren und ein freudloses Leben führen müssen . Aber die Klimaziele hätten wir in echt erreicht und die schlimmste Katastrophe für die Kinder verhindert. Ich glaube fest, dass dann auch die Länder von Indien bis Brasilien, die heute Russland aus eigenen üblen Erfahrungen mit dem „Wertebasierten“ Westen nicht verurteilen, sich angeschlossen hätten und Russland, in der Weltgemeinschaft isoliert, er bliebe aus seinen Fossilen sitzen und hötte seinen Raubzug nach ein paar Jahren aufgeben aufgeben müssen.

Bia dahin hätten halt russische statt ukrainische Oligarchen und korrupte Amtsträger die Bodenschätze, das Ackerland und die Arbeiter ausgebeutet, aber die Menschen würden noch leben, unversehrt sein, ihre Häuser ständen noch, Strom und Heizung funktionierten, Miilionen, vor allem Kinder, wären nicht derartig traumatisiert und in all der Ungerechtigkeit, Unterdrückung und Ausbeutung könnten sie weiter ihre Nischen für ein kleines Glück finden wie zuvor.

Die Aktienwerte der Rüstungsindustrie gehen durch die Decke. Neulich las ich, dass Lindner 80 000 ha brandenburgisches Ackerland verkaufen will, welches aus Treuhand-besitz noch übrig ist, natürlich an Groß“bauern“ wie etwa die Aldi-Brüder . Einen Großteil wollte die Firma „Rhein-Metall“ (!) kaufen , die offenbar Mühe hat, ihre sprudelnden Gewinne gut anzulegen. Diese erzielt sie mit ihren Panzern, welche die ukrainischen Felder verwüsten und damit allerdings den Preis auch für brandenburgisches Ackerland immer weiter in die Höhe treiben. Schließt sich hier nicht ein wahrhaftiger Teufelskreis ?

So, verdammt noch mal, dieses „Putin-Verstehen“ musste jetzt mal sein,

Gruss,

Lothar

 

Ein Urteil gegen die Aggression

In der Zivilklage gegen den Anführer der Waldbröler „Spaziergänge“ ist wegen seines Hassvideos gegen mich ein Urteil ergangen. Ich möchte es ahier zeigen, um die Erkenntnis zu verbreiten, dass man auch im Netz nicht alles folgenlos auskotzen darf. Für manche ist das sicher neu.

Mein Anwalt hat bei der Akteneinsicht in das Strafverfahren festgestellt, dass Gehrmann inzwischen auch zu 70 Tagessätzen a 10 Euro rechtskräftig verurteilt worden ist, per Strafbefehl, also ohne öffentliche Verhandlung.Dabei wurden 3 Verstöße gegen das Versammlungsgesetz als Leiter der Waldbröler „Spaziergänge“ ( 17.1.,24.1., und7.2.22) mit der Beleidigung gegen mich zu einer Gesamtstrafe zusammengezogen.

Volksverhetzung sei nicht gegeben, so die Staatsanwaltschaft, „da die Bolschewisten mangels hinreichender Bestimmtheit nicht als Teil der Bevölkerung im Sinne des §130 StGB angesehen werden können.“ Die alten Nazis wussten bei ihrem Kampfbegriff „Bolschewist“ (oft mit „jüdisch“ oder „gottlos“ konnotiert) aber noch hinreichend genau, wen sie ins KZ abzuholen, zusammenzuschlagen oder zu ermorden hatten, die Neonazis sollten das heute nicht mehr wissen?

Die Bedrohung ist bei der StA einfach unter den Tisch gefallen. Das ist deshalb pikant, weil der Richter im Zivilprozess ausdrücklich eine strafbare Bedrohung meiner körperlichen Unversehrheit erkannt und verboten hat, siehe Urteil.

Ich werde dem neuen grünen Justizminister das vorlegen und fragen, wie das mit der ständigen Beteuerung der Regierung zu vereinbaren ist, konsequent und mit aller Härte des Gesetzes gegen rechtsradikale Hetze und Bedrohung vorzugehen. Und ob es vielleicht ein erwünschter Effekt solcher Trickserei ist, dass dieses rechte Hassvideo „entpolitisiert“ wurde und die Strafe in der peinlichen Statistik rechtsradikaler Straftaten nicht aufgeführt werden muss.

Hier das Urteil

Leserbrief zu „Eisbahn auf der Kippe“

Da gibt es also in Bergneustadt Geschäftsleute, die in diesen Zeiten ernsthaft überlegen, erneut das beliebte, aber extrem energiefressende und klimakillende Spaßevent „Eisbahn“ zu veranstalten, vor Corona als „Wintermärchen“ bekannt.

Haben diese Leute immer noch nicht mitbekommen, dass durch derart konsumistischen Lebensstil inzwischen das Überleben der Menschheit auf der Kippe steht ?

Rückblick: 2020 habe ich mit Freunden aus Protest eine abgestorbene Fichte vor dem Eis aufgestellt mit der Parole: „ Australien grüßt Wintermärchen“. Damals brannte das verdorrte Australien, es interessierte aber kaum einen.

Heute brennt halb Europa , das Ahrtal sieht aus wie nach einem Bombenkrieg, weltweit Fluten, Dürren, extreme Hitze, Hungersnöte: Eine dramatische globale Ernährungskrise hat Fahrt aufgenommen und ist nicht mehr zu stoppen. Verteilungskämpfe um die schwindenden Ackerböden werden jetzt mit brutaler Gewalt geführt, wie Putins kriegerische Aneignung von Ukraines fruchtbarer Schwarzerde zeigt. Auch in Oberberg Hitzewellen, braune Wiesen, trockene Bäche, absterbender Laubwald. Höchste Zeit, Überkonsum und Produktion von nutzlosen Luxusgütern zurückzufahren, viele müssten endlich Verzichten lernen oder dazu gezwungen werden. Die Regierung aber versucht stattdessen in blinder Panik, den Einbruch von Wachstumswirtschaft und Wohlstand mit gigantischen Geldspritzen auf Pump abzuwenden und heizt dabei das Klima durch Frackinggas, Kohle und militärische Aufrüstung noch weiter an. Trotzdem kommt die Wirtschaftskrise mit wachsender Armut und der Gefahr schwerer gesellschaftlicher Verwerfungen, die hoffentlich nicht erneut im Faschismus enden.

Voller Scham habe ich neulich gesehen, dass die Schlange vor der Bergneustädter Tafel bis auf die Kölnerstraße reichte. Diese notleidenden Mitmenschen haben sicherlich viel weniger zur Klima-erhitzung und der Lebenmittelverteuerung beigetragen als die konsumgeilen Mittelklassebürger. In einer gerechten Welt wären es aber diese Leute, die als Hauptverursacher der Not an der Tafel anstehen müssten.

Wie wärs, wenn Bergneustadts kommerzielle Märchenfreunde diesmal ein soziales „Sommermärchen“ auf die Beine stellen und jetzt den Menschen helfen, die unter den Klimawandelfolgen besonders leiden ? Wir haben 2020 jedenfalls die Sponsorentafel fotografiert für ein Mahnmal der Schande, falls demnächst in einer verwüsteten Welt wieder mal keiner Täter oder Mitläufer gewesen sein will.