Ein besorgter Neujahrsgruß

In großer Sorge schaue ich – wie vermutlich wir alle – auf das neue Jahr und die vielfältigen Gefahren, die sich zusammenbrauen, gegenseitig verstärken und offensichtlich außer Kontrolle sind. Die Regierung versucht mit beispiellosen Schuldenbergen die Energie- und Wirtschaftskrise auszubremsen und schüttet unzählige Milliarden über Industrie und Haushalte aus, ob die es brauchen oder nicht. So werden zwar die befürchteten „Wutwinter“-Demos noch einmal abgewendet, aber keines der Probleme wird gelöst.

Putins brutaler Angriffskrieg sei schuld an der multiplen Krise, so heißt es unisono, der habe eine „Zeitenwende“ bewirkt. Ein noch 2022 unvorstellbarer Bellizismus hat von der „Zivil“gesellschaft Besitz ergriffen, alles Denken und Handeln beschränkt sich inzwischen auf Militär, Aufrüstung und „schwere Waffen“. Wenn das angeblich auch für „unsere Freiheit“ kämpfende ukrainische Volk nach einem von den USA aus geopolitischen Gründen gesponsorten „Abnutzungskrieg“ militärisch gewonnen haben sollte, wird es für Jahrzehnte eine befreite Trümmerwüste sein mit zahllosen Toten, Traumatisierten und Kriegsversehrten. Ich kann nicht glauben, dass die wie in Russland von ihren korrupten Oligarchen ausgeplünderten „einfachen Ukrainer“ alle so freudig ihr Leben gäben, wenn sie wüssten, dass sie es auch für den westlichen Wachstumskapitalismus und unsere Wohl-standsdroge Konsum opfern.

Der Ukrainekrieg ist in Wahrheit auch gar nicht die Ursache unserer „Polykrise“. Die liegt in einem anderen Krieg, dem „Völkerrechtswidrigen Angriffskrieg“, welchen der wohlhabende Teil der Menschheit gegen das Klima führt. Seine „schweren Waffen“ sind Ferienflieger, Kreuzfahrtschiffe, SUVs, Luxusprodukte, Shopping, usw., wir wissen es ja alle seit Jahrzehnten.

Zum Feind gemacht schlägt jetzt das Klima immer härter zurück und droht uns letztlich mit Vernichtung. Der UNO Generalsekretär (vermutlich kein Spinner) stellt nach der 27sten(!) gescheiterten Klimakonferenz fest, die Menschheit begehe gerade „kollektiven Selbstmord“, wir befänden uns „auf der Highway zur Klimahölle mit dem Bleifuß auf dem Gas“.

Tatsächlich zerstören längst schon dramatische Dürren, Regenfluten, extreme Hitzwellen, Wasser knappheit, Stürme, Pandemieen unsere Lebensgrundlagen, Hunger und Elend grassieren und statt endlich wirksam Klima zu schützen, verlegen sich die Regierungen immer schamloser auf eine Art Beschaffungskriminalität: So wie halt Putin, der sich die ukrainischen Ackerböden, die besten der Welt, mit Gewalt anzueignen sucht. Denn fest steht, wer in der sich zwangsläufig ständig weiter verschärfenden globalen Ernährungskrise am Ende über die letzten Ackerböden und Nahrungsmittel verfügt, wird der Sieger sein.

Tatsächlich hat die Regierung den Klimaschutz aufgegeben und für das Wirtschaftswachstum geopfert. Statt das Schlimmste zu verhindern, gießt die Regierung noch Benzin ins „Klima-Feuer“, der CO 2 Ausstoß steigt weiter an, statt drastisch zu sinken: Sie müsste sofort die Produktion und den Konsum unnützer Güter unterbinden oder zumindest sehr stark herunterfahren und Einsparungen durch Verbote erzwingen, doch sie bringt Kohlekraftwerke wieder ans Netz, beschafft Unmengen des zu Recht geächteten Frackinggases mit 20jährigen Vertragslaufzeiten und allein das CO2 der 100-Milliarden-Aufrüstung verhagelt die Bilanz. Sie entsorgt ihre Klimaverpflichtung aus dem Pariser Abkommen wie lästigen Müll und ein Bundesverfassungsgerichts-Urteil gleich mit. Sie schickt die heranwachsende Generation gnadenlos in die „Klimahölle.“

Darin befinden sich bereits die unschuldigen Opfer der pakistanischen Monsterflut oder der afrikanischen Extrem-Dürre, wo wir sie verelenden und verrecken lassen. Für eine taffe grüne Zynikerin verträgt sich das offenbar mit einer “Wertebasierten Außenpolitik“.

Ein paar Jahre lang sind Millionen Jugendliche in der Fridays for Future-Bewegung für echten Klimaschutz und ihre Überlebenschancen auf die Straßen gegangen. Bis auf den rechten Rand haben alle Parteien – vorneweg die Grünen – das „berechtigte Anliegen“ mit warmen Worten (Greta: „Blah, blah, Blah“) gewürdigt, tun aber bis heute das genaue Gegenteil und „klauen“ den Kindern ungerührt weiter die „Zukunft“.

Das abstoßenste Beispiel dafür ist, dass nicht einmal die perverse „Freiheit“ einer kleinen radikalen Minderheit reicher Egomanen, ihre Spritfresser mit 300 kmh über die Autobahn dreschen zu dürfen, per Temolimit unterbunden wird.

Es ist fast ein Wunder, dass aus der maßlosen Enttäuschung nicht längst schon ein wütender „Klima-Terrorismus“ entstanden ist, der die schädlichsten Auswüchse des Konsumkapitalismus und seine Protagonisten mit Gewalt angreift und zerstört. Stattdessen leisten immer mehr (vor allem junge) Menschen, die sich „ Letzte Generation“ nennen, gewaltlosen Widerstand. Sie sind die letzte Generation, welche den totalen Zusammenbruch noch verhindern kann, denn das Zeitfenster zur Vermeidung der (über)lebensgefährlichen Kipppunkte schließt sich in wenigen Jahren.

Sie stehen in der Tradition der edelsten Vorkämpfer für Menschenrechte wie Gandhi oder Martin Luther King, indem sie mit ihren Körpern den Klimakillenden Autoverkehr oder Flughäfen blockieren. Sie lassen sich dafür beschimpfen, misshandeln und ins Gefängnis sperren.

Sie alle handeln nach Henry David Thoreaus 1849 erschienenen Schrift „Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat“: Weil die Verfassung der USA die gleichen Rechte für alle Menschen garantiert, aber die Regierungen die Sklavenhaltung duldeten, dürfe man einem solchen Staat nicht mehr gehorchen, so Thoreau. Er verweigerte die Zahlung von Steuern und ging dafür ins Gefängnis.

Die Folgen der Klimaschutzverweigerung unserer heutigen Regierung sind in ihrer Menschen-verachtung vergleichbar mit den Verbrechen der Sklaverei, allerdings sind sie dazu noch irreversibel.

Der gewaltlose Widerstand der „Letzten Generation“könnte am Ende vielleicht ebenfalls wirksam werden. Deshalb wird er von den heutigen Mächtigen genauso gehasst und kriminalisiert wie früher der von Gandhi oder Martin Luther King. Mit Schaum vor dem Mund werden die Aktivisten von Politikern und Medien verhöhnt, aufs Übelste beschimpft und sogar mit der RAF gleichgestellt. In Bayern werden sie auf Verdacht eingesperrt, mich erinnert das an die „Schutzhaft“ der Nazis.

Eine Kriminologie-Professorin hat es in „Der Freitag“ so ausgedrückt: Die „Letzte Generation“ wird überkriminalisiert, die Regierung unterkriminalisiert.

Jetzt droht den mutigen Mitmenschen die Anwendung des §129 StGB „Kriminelle Vereinigung“. Das bedeutet jahrelange Gefängnisstrafen für friedliche Proteste und vor allem: Auch die bloße Zugehörigkeit zu der Gruppe und ihre Unterstützung sind strafbar. Das Demonstrations“recht“ von Erdogan oder Putin scheint so schlecht offenbar doch nicht zu sein.

Aus Protest dagegen zeigen sich immer mehr Mitmenschen selber als Unterstützer an, um diese unglaubliche Klassenjustiz mit Ermittlungsverfahren zu überschwemmen und so ad absurdum zu führen.

Ich schließe mich dem an und begehe hiermit diese Straftat, indem ich euch alle aufrufe, ebenfalls der „Letzten Generation“ zu Hilfe zu kommen, damit die wahrhaft kriminelle Vereinigung von gewissenlosen Politikern, gierigen Wirtschaftsbossen und konsumgeilen Spießbürgern vielleicht noch rechtzeitig vor dem Klimakollaps gestoppt werden kann.

Selbstanzeigen kann man einreichen über die Webseite der Letzten Generation:

https://webforms.letztegeneration.de/selbstanzeige

Mit nicht ganz hoffnungslosen Grüßen,
am (bislang wärmsten) 1. Januar 2023

Lothar Gothe