Leserbrief zum Artikel „Pomykaj stellt Quellenlage vor“

 

Ich begrüße sehr, dass Herr Pomykaj seine Erkenntnisse zu der NS -Belastung des Kreistags und des früheren OKD Goldenbogen öffentlich vorstellen und vor allem auch diskutieren will. Dieser OKD prägte 3 Jahrzehnte lang durch unglaubliche Ämterhäufung und einen autokratischen Führungsstil die oberbergische Politik; eine Machtfülle, die mit einer Demokratie nicht kompatibel ist. Angesichts des neu erstarkenden Rechtsradikalismus ist Goldenbogens NS-Belastung daher für eine historische Aufarbeitung von zentraler Bedeutung.

Einen Vortrag zum selben Thema hat Pomykaj vor Jahren schon einmal gehalten. Den hatte der Kreistag beschlossen, weil ich darauf aufmerksam gemacht hatte, dass in mehreren Studien festgestellt worden war, dass im LVR bis in die Führungsspitzen stark belastete Nazis tätig waren, die in Heimen und Psychiatrien schwerste Menschenrechtsverletzungen zu verantworten hatten. In der Sozialistischen Selbsthilfe Köln ( SSK) habe ich seit 1970 dagegen gekämpft und dabei sind die geistigen und personellen Kontinuitäten zum NS in den Fokus geraten, besonders die des Gründungsdirektors Klausa, der als SA-Mann und Nazilandrat nahe Auschwitz 30000 Juden ins Ghetto treiben ließ und die „Ausssonderung der Entarteten“ gefordert hatte. Da sein Freund Goldenbogen ebenfalls bis 79 eine zentrale Figur im LVR war, hatte ich eine ebensolche Aufarbeitung für ihn und den Kreistag angeregt. Damit wurde Pomykaj beauftragt.

Selbst mein zugegeben laienhaftes „Halbwissen“ reichte aber für die Erkenntnis, dass sein Vortrag unverzeihliche Lücken aufwies: So hatte Pomykaj zwar Goldenbogens NSDAP-Mitgliedschaft erwähnt, ihn aber mit der launigen Bemerkung, er sei „nicht der allerschlimmste Nazi“ gewesen, als harmlosen Mitläufer hingestellt.

Nicht herausgefunden oder verschwiegen hat er jedoch die Mitgliedschaft in der SA, im NS-Rechtswahrerbund und anderen Naziorganisationen, weshalb Big Boss Goldenbogen aus öffentlichen Dienst hätte entfernt werden müssen.. Daher wäre es jetzt wohl Pomykajs vordringlichste Aufgabe, zunächst mit seinem eigenen „Halbwissen“ „aufzuräumen“ und seine Wissenlücke zu erklären, da doch Goldenbogens öffentlich zugängliche Personalakte im Bundesarchiv eine klare „Quellenlage“ darstellt.

Auch die NS Belastung des Landrats Dr. Schild hat nicht er aufgedeckt; die des Heimatforschers Kaufmann brachte der Museumsleiter Kamp ans Tageslicht, dazu kommt all das, was noch immer im Dunkeln liegt.

Pomykajs Vorgesetzter war Landrat Hagt, der seinem Parteifreund Goldenbogen noch zum 25. Todestag am Grab mit Blumen die Ehre erwiesen hatte. Den hätte es wohl kaum erfreut, wenn sein Archivar öffentlich gemacht hätte, dass seine Ehrerbietung einem belasteten Altnazi galt.