Vor 60 Jahren habe ich in den Semesterferien bei der Bergneustädter Firma Dr. Herrmann Müller (heute Martinrea) gearbeitet und hatte als Werkstattschreiber relativ guten Einblick in die Abläufe. So bekam ich mit, dass teils hochproblematische Abfälle einfach auf der Müllkippe abgeladen wurden. Diese befand sich in der Talstrasse, genau dort, wo gerade der als Ritter ausstaffierte Bürgermeister den neu gestalteten tollen Kinderspielplatz eröffnet hat.
Die Kippe ist da immer noch. Denn seinerzeit hat man nach der Devise „Aus den Augen, aus dem Sinn“ die krasse Umweltsünde samt verrohrtem Bachlauf einfach unter Erdaushub verschwinden lassen und darauf Park und Spielplatz angelegt. Wenn irgendwann die Betonrohre undicht werden und ein undefinierbarer Chemiecocktail die Dörspe vergiften sollte, werden es leider die heute so begeisterten Kinder sein, welche die Folgen tragen müssen.
Genauso verhält es sich mit der Müllkippe in der Sülemicke, in der ganze Schrottautos und giftige Abfälle der Fa. Gast „entsorgt“ wurden: Heute ein idyllischer Hundetrainingsplatz.
In ganz großem Stil wurde diese kostengünstige Entsorgungs-Methode beim Super-Vorzeige-Umwelt-Projekt Metabolon angewendet: Millionen Tonnen Haus- und Gewerbemüll haben die ehemalige „ Mülltalsperre“ gefüllt und zu einem vulkanartigen Berg aufgetürmt: Wieder Plastikplane und Erde über den gewaltigen Chemiereaktor, Streicheltiere und Superrutsche oben drauf und dazu noch ein kompetentes Umweltzentrum. Doch Gnade Gott unseren Nachkommen, wenn der tönerne Untergrund dieser monströsen chemischen Zeitbombe undicht werden sollte (so die Befürchtung der damaligen Bürgerinitiative) oder der teuflische Berg durch Extremregen ins Rutschen käme!
Allerdings kann es auch sein, dass unsere Kinder und Enkel diese Horrorszenarien gar nicht erleben müssen: Denn die treusorgenden Eltern haben ja vielleicht zuvor schon den ganzen Globus als menschlichen Lebensraum durch eine Klimakatastrophe ruiniert: Fahren doch besonders die Wohlhabenden unter uns ungebremst damit fort, für eine gierig-konsumistische Lebensweise die Atmosphäre als Sondermülldeponie für CO2 und andere Klimakillergase zu missbrauchen.
Bis dahin soll es aber offenbar den Kindern genau wie uns Alten an nichts fehlen, alles vom Feinsten, „sauber und sicher“ und selbstverständlich „inklusiv und barrierefrei“, so wie es sich für eine zivilisierte Kulturnation gehört.
Worauf mir Frau Thielen von der Lokalredaktion Gummersbach antwortete:
Sehr geehrter Herr Gothe,
vielen Dank für die Zusendung Ihres Leserbriefes zum Spielplatz in Bergneustadt. Wir haben die Stadt Bergneustadt um Stellungnahme zu Ihren Vorwürfen gebeten und werden das Thema redaktionell aufgreifen. Ihr Leserbrief wird in diesem Artikel dann seinen Platz finden und deshalb nicht in unserer Leserbrief-Rubrik abgedruckt.
Mit freundlichen Grüßen
Linda Thielen
Stellvertretende Redaktionsleiterin
Was dann auch geschah, aber mit einem – meiner Meinung nach – sehr zweifelhaften Ergebnis. Auf das ich noch einmal reagieren musste:
Verehrte Frau Thielen,
nachdem ich heute Ihren Artikel gelesen habe, stelle ich fest, dass Sie leider journalistisch nicht sauber gearbeitet haben:
Sie haben von vier „schweren Vorwürfen“ zu einem unverantwortlichen Umgang mit Altdeponieen in meinem Leserbrief nur den zum Spielplatz herausgegriffen und sodann einen argumentativen Popanz aufgebaut, um diesen dann vom Bürgermeister widerlegen zu lassen: Dass nämlich eine Gefahr für Besucher des über der Deponie befindlichen Spielplatzes behauptet worden sei.
Das hat aber niemand getan, auch ich nicht! Ich habe vielmehr auf eine ganz andere Gefahr für die heutigen Kinder hingewiesen: Dass nämlich demnächst durch eine undicht gewordene Verrohrung des Bachlaufs giftige Sickerwässer aus dem unbekannten Gemisch von Hausmüll und Industrieabfällen („undefinierbarer Chemiecocktail“)in die Dörspe gelangen könnten.Diese Gefahr hat der Bürgermeister (den ich übrigens persönlich schätze) ja bestätigt, auch wenn er erklärt, dass ein Großteil des unbekannten Abfallgemischs entsorgt worden sei, als eine Kanalisation durch die Kippe hindurch gebaut werden musste. Dass diese Entsorgung viel Geld gekostet hat, lässt darauf schließen, dass es sich zumindest teilweise um Sondermüll gehandelt hat und erklärt wohl auch, warum denn nicht pflichtgemäß der gesamte Problemmüll entsorgt wurde. Die Gefahr besteht also weiterhin und die Schlagzeile „Es besteht keine Gefahr“ ist somit eindeutig falsch und als fake news zu werten.
Sie halten offenbar die Angaben zu meinen weiteren Beispielen für rücksichtsloses Wohlleben zu Lasten der nachfolgenden Generationen wie die Deponieen Sülemicke (was hat denn der Bürgermeister dazu gesagt?) und Metabolon sowie den Missbrauch der Atmosphäre als Deponie für „Klimakillergase“ für falsch und nicht erwähnenswert und verschweigen sie daher. Da müssen Ihre recherchierten Daten dazu allerdings völlig andere sein als die mir vorliegenden. Deshalb bitte ich, mir die Ihren unbedingt zugänglich zu machen.
Ich sehe die Entwicklung der Medien sehr kritisch, trete aber der Parole der Rechtsradikalen von der „Lügenpresse“ stets entschieden entgegen. Aber diese Art Berichterstattung zur Entlastung von für Misstände Verantwortlichen in Wirtschaft und Politik ist Wasser auf deren Mühlen.
Und weil Sie ja auch für Kultur zuständig sind, nebenbei noch eine etwas unbescheidene Bemerkung: Ich glaube, dass mir mit diesem Leserbrief ein wirklich gut komponierter literarischer Text gelungen ist. Da ein Teil herauszureißen, an seinem Inhalt herum zu manipulieren und die anderen Teile in die Tonne zu kloppen, das kommt bei mir an wie eine Art kulturelle Barabarei.
Mein Leserbrief hat also in Ihrem Bericht keinen Platz gefunden. Deshalb erwarte ich, dass Sie ihn nunmehr auch als solchen veröffentlichen, damit sich Ihre mündigen Leser auf Grund überprüfbarer Fakten selber ein Bild machen können.
Gruss,
Lothar Gothe