Leserbrief zu dem Artikel „Wenige Antworten auf Gothes Fragen“

Der Leserbrief konnte einmal mehr nicht abgedruckt werden, „weil Sie selbst Protagonist in dieser Angelegenheit sind“ (Frank Klemmer, Redaktionsleiter). Darum also hier. Einmal mehr.

Natürlich ist es peinlich für Landrat Hagts CDU, wenn herauskommt, dass ihre Jahrzehnte lang das Oberbergische dominierende Figur Dr. Goldenbogen ein sehr belasteter Nationalsozialist war. Und sicher ist es peinlich für den früheren Kreishistoriker Pomykaj, dass er in seinen Publikationen zum oberbergischen NS lediglich Goldenbogens Mitgliedschaft in der NSDAP angeführt hat, nicht aber die in der SA, im Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund und im NS- Rechtswahrerbund. Eine Lücke groß wie ein Scheunentor. Nicht die einzige: Die NS-Belastung des Landrats Dr. Schild wurde von den Geschwistern Grünebaum aufgedeckt und die Rolle des FDP-Kreistagsmitglieds und ehemaligen SS-Führers Herrmann Schuster z.B. harrt immer noch der Aufarbeitung, ebenso wie die oberbergischen Opfer und Täter der Krankenmorde und Zwangssterilisierungen.

Diese Peinlichkeiten rechtfertigen aber nicht, dass mit Tricks und Winkelzügen weiterhin eine wirkliche Aufklärung verhindert oder auf den St. Nimmerleinstag verschoben wird, siehe den merkwürdig-nebulösen Beschluss des Kreisausschusses oder die Abwimmelung meiner Fragen zum Nazimaler Peiner in echt Obrigkeitsstaatlicher Manier.

Es gibt keinen anderen Weg als ein Forschungsprojekt durch völlig unabhängige Historiker. Dabei geht es nicht darum, Lebendige oder Tote mit braunem Schmutz zu beschmeißen. Es gilt vielmehr, an der Verstrickung dieser gebildeten Menschen in die Nazi-Barbarei herauszufinden, welche ideologischen und/oder religiösen Einflüsse sie in den rassistischen Zivilisationsbruch geführt haben. Daraus müssen wir unbedingt lernen, da dieselben Kräfte ja immer noch erschreckend wirksam sind und sich im anwachsenden Rechtsradikalismus äußern, der ja auch schon wieder seine mörderischen Formen zeigt.

Endlich die (Ver)schweige-Tabus zu brechen ist deshalb die verdammte Pflicht und Schuldigkeit nicht nur vor unserer Geschichte, sondern vor allem unseren Kindern gegenüber: Um sie davor zu bewahren, dass auch sie- vielleicht in der nächsten Wirtschaftskrise- wieder den braunen Ratten-fängern in einen menschlichen Abgrund folgen.

Die politischen oder kirchlichen Aufarbeitungsblockierer engagieren sich allerdings allesamt im sogenannten „Bündnis gegen Rechts“ und arbeiten sich dort in den üblichen Sonntagsreden an der AfD ab. Mit dieser Heuchelei ist dann der Gipfel der Peinlichkeit erreicht.