Wenn wir an unser Alltagsleben noch im Januar zurückdenken, scheint es wie eine Erinnerung an eine längst vergangene Zeit zu sein. Als 76jähriger „Hochrisikopatient“ mit halber Lunge lebe ich jetzt auf meinem Hof in freiwilliger Quarantäne und mir kommt es vor, als hätte sich unter uns allen eine Falltür aufgetan, wir wären in die Tiefe gestürzt und hart auf dem Boden einer völlig anderen Realität aufgeschlagen. Unser heutiger, fast brutal reduzierter Lebensstil, die rigorosen Verbote und die drastischen Grundrechtseinschränkungen waren vollkommen unvorstellbar.
Nichts zeigt das deutlicher als die Auseinandersetzungen um klimaschädliche Spaßevents wie das Bergneustädter „Wintermärchen“. Schon die Aufforderung, im Hinblick auf die drohenden Gefahren durch den Klimawandel zumindest mal auf derlei CO2-Schleudern zu verzichten, wurde von vielen als unerhörter Angriff auf ihre Konsumenten-Freiheit empfunden. Eine Leserbrief-schreiberin wollte die Verzichts-Zumutung dadurch deutlich machen, dass sie diese ironisch auf die Spitze trieb:
„ Oha, jetzt geht`s aber los! Bitte umgehend die Schulen und Kitas schließen, ebenso Sporthallen und Schwimmbäder, vor allem aber Einkaufszentren und Supermärkte…“ Mit einem weiteren Hinweis auf den Fußball verlangte sie, „mit den Füßen auf dem Teppich zu bleiben“.
Bleibt einem solch ätzender Spott heute nicht im Halse stecken?
Nun ist die Corona-Pandemie jedenfalls nicht unmittelbar auf die Erderwärmung zurückzuführen, aber genau solche Seuchenzüge durch neuartige Erreger sagt die Klimawissenschaft als eine der Folgen seit langem voraus. Diese Seuche wird also nicht die letzte sein. Es gab auch bereits Vorboten: Vor Jahren verendeten unsere Schafe wegen fehlender Immunität massenhaft an der Blauzungenkrankheit, einem Virus, welches von einem eingewanderten afrikanischen Insekt eingeschleppt worden war.
Wie die Dürre und die absterbenden Wälder nahmen wir auch dieses Warnsignal nicht ernst. Unsere Fantasie reicht offenbar nicht, uns die vorausgesagten verheerenden Klimawandelfolgen konkret vorzustellen und sie auf uns selbst zu beziehen. Hoffentlich ändert sich das jetzt durch Corona.
Ebenso wie die kapitalistische Wachstumswirtschaft und die neoliberale Globalisierung mit ihren zerstörerischen Lieferketten, welche die Regierung jedoch durch unsägliche, gepumpte Geldfluten verzweifelt zu retten versucht. Angeblich richten ja die sog. „freien Märkte“ alles besser als die Staaten. Wenn aber im reichen Deutschland Menschen sterben, weil Centartikel wie Schutzmasken über Monate nicht zu beschaffen sind, dann zeigt sich auch daran, was sie am Ende tatsächlich gerichtet haben werden: Die Menschheit zu Grunde!