Leserbrief zu den Artikeln „Der Wald denkt in anderen Maßstäben“ und „Vorräte sind schon nahezu aufgebraucht“
Ausgerechnet das Stift Ehreshoven fühlt sich berufen, die Öffentlichkeit über die dramatische Lage der Wälder aufklären zu müssen: Der Borkenkäfer sei „eine Katastrophe von nationalem Ausmaß“ ähnlich dem Elbhochwasser, es sei die „höchste unternehmerische Herausforderung“ aller Zeiten zu „managen“. Schuld ist wieder der böse Borkenkäfer, die „Witterung“ oder die „Großwetterlage“ und nicht etwa die profitorientierten Monokulturen. Die Ehreshovener Forstmanager glauben allen Ernstes, sie könnten wieder einen „Wirtschaftswald formen“, indem sie dem „Hauptumsatzträger“ Fichte künftig „Weiß- und Küstentanne“ beimischen.
Dieser ausschließlich ökonomische Blick macht offenbar blind dafür, dass inzwischen die globalen Klimawandelschäden sogar unseren Laubwald erreicht haben, dass sie irreversibel sind und immer schlimmer werden: Es ist aus und vorbei mit den gewinnbringenden Monokultur – Holzfabriken, zu „managen“ ist nur noch deren ultimativer Schlussverkauf zu Schleuderpreisen.
Kaum ein Forstbetrieb hat das Ökosystem Wald, das eben nicht in Euros „denkt“, dermaßen mißachtet wie der Ehreshovener. Dort gibt es ja sogar keinerlei Skrupel, gegen Geld den Wald als Rallyestrecke für die SUV-Klimakiller zu vermarkten. Die Pleite eines solchen Forstbetriebs wäre daher nur die gerechte Strafe für Geldgier und Ignoranz.
Ähnlich ist es mit vielen Bauern bestellt, die durch die Dürre in Futternot sind. Ihre Klagen haben ebenfalls einen Beigeschmack: Auch sie haben ihre jahrhundertelang naturverbundene Seele an den kapitalistischen Wachstumszwang verkauft. Die frühere schonende Kreislaufwirtschaft mit Weidegang, Stallmist und Jauche , Heu und Grummet haben sie aufgegeben und mittels Großtechnik durch Gülle und vier Silageschnitte abgelöst; die robusten Rinderrassen wurden durch Hochleistungskühe ersetzt, die ohne Soja aus Übersee nicht leben können. Dieses energieintensive System brachte 40 Jahre lang nie gekannte Produktionssteigerungen. Die maschinengerechten, blankrasierten Grünlandböden halten aber den zukünftigen Dürreperioden und Gülleduschen nicht stand, ihnen fehlen der wasserspeichernde Humus aus dem Mist und die Schatten spendenden Landschaftselemente. Dem ungehemmten Wachsen folgt nun ein bitteres Weichen.
Der maßlose deutsche Normalkonsument zeigt natürlich gern auf diese beiden Klimasünder, während er sich noch an billigen Lebensmitteln erfreut und aus dem Urlaubsflieger achselzuckend auf die verdorrenden Wälder und Wiesen herab blickt. Er ahnt noch nicht, das auch ihn der Klima-Ohnmachts-Schock hart erwischen wird.