Dreimal Versagen beim Klimaschutz

Maul halten, Klimaschützer!

Wer ernsthaft besorgt ist wegen des Ausbleibens von wirksamem Klimaschutz und diesen immer wieder anmahnt, der wird sich in Zukunft wohl auf heftige Anfeindungen und Maulkörbe einstellen müssen.

Dies kann man dem Bericht über die Engelskirchener Ratssitzung entnehmen, in welcher CDU/SPD die SUV-Rallyepiste im Wald abgesegnet haben. Die Aufforderung des Grünen Helmut Schäfer, auf die Gegenargumente endlich mal inhaltlich einzugehen, beantwortete der CDU-Chef Dräger mit der denkwürdigen Antwort: „Wir sagen uns: Wir haben hier die Mehrheit, also lassen wir ihn mal reden.“

Da muss er bei der parlamentarischen Demokratie etwas falsch verstanden haben: Nach Dräger darf eine Mehrheit offenbar alles durchsetzen was sie will, ohne Begründung, ohne auf Gegenargumente einzugehen, ohne Diskussion. Deshalb erscheint es ihm anscheinend schon als Zumutung, den unliebsamen Grünen überhaupt „reden zu lassen“. Dass dies aber dessen verfassungsmäßiges Recht ist, scheint für den Christdemokraten ein lästiges Ärgernis zu sein.

Klimaschutz ist für die CDU irrelevant, weil die Rallyefans Geld hier lassen. „Davon profitiert das Zimmermädchen im Hotel, die Bäckereifachverkäuferin und die Werkstatt in Loope.“

Das erinnert mich an Mr. Trump, dem auch die Jobs der Arbeiterklasse so sehr am Herzen liegen, dass er die Umweltauflagen für Kohle und Stahl beiseite räumen will, zumal ja der Klimawandel sowieso eine Erfindung der Chinesen sei.

Dazu paßt auch die Aggressivität, mit der Dräger unter die Gürtellinie losschlägt. Er kenne Grüne aus dem Ortsverband, „deren alte Diesel mehr CO2ausstoßen als moderne SUVs“. Selbst, wenn das stimmen würde: Was hat das mit der Piste im Wald zu tun? Auch Frau Schuchardt, SPD, kann das Klima/ Umweltschutz-Gelaber wohl nicht mehr hören: „Wir haben das Thema hier immer wieder bis zum Erbrechen diskutiert. Die Diskussionsdauer steht in keinem Verhältnis zu der geringen Menge an CO2 Ausstoß, um die es hier geht“.

Daß dieser „einfach lächerlich“ ist, hat sie herausgekriegt, indem sie die Emissionen der Waldrallyes mit denen von 1,2 Millionen deutscher Kreuzfahrten ins Verhältnis gesetzt hat. Daran gemessen ist natürlich sogar der CO2-Ausstoß eines Braunkohlekraftwerks „lächerlich gering“, weshalb die NRW-SPD diese ja auch weiter betreiben will.

Frau Schuchardt zeigt sich hier als Paradebeispiel dafür, wie der konsumistische Spießbürger sich aus der persönlichen Verantwortung pfuscht: Da der jeweilige Anteil an der weltweiten Vergiftung der Atmossphäre so winzig ist, spielt er für ihn keine Rolle. Weil aber viele Millionen andere konsumgeile Mitbürger genauso verfahren, bringen sie zwar gemeinsam das Klima zum Kippen, aber ohne das geringste schlechte Gewissen.

Schlossbeleuchter

Im oberbergischen Naturschutzbeirat hat der Förderverein von Schloss Homburg seinen neuen, abgespeckten Beleuchtungsplan vorgestellt. Der Zeitungsbericht ist ein Lehrbeispiel dafür, wie durch Wortwahl die Realität gestaltet und verändert werden kann.

Das geplante aufwendige und teure Anstrahlen des Schlosses mitten im naturgeschützten Wald war auch wegen der klimaschädlichen Energieverschwendung auf Kritik gestoßen. Nun wird eine abgespeckte Version vorgestellt, die in so schwärmerisch-poetischer Weise präsentiert wird, dass keinerlei negative Gefühle mehr Platz greifen können.

Schlagzeile: „Schloss Homburg soll behutsam beleuchtet werden“. Darunter: „Mit insektenfreundlichem LED-Licht soll die Anlage nur wenige Male pro Monat dezent illuminiert werden“. Der Kreisdirektor will die Baudenkmäler „in sehr behutsamer Weise“ in Wert setzen.“

Ja, wer kann denn gegen solch liebevollen, zärtlichen Umgang mit Licht, Schloss und Insekten da noch was Böses erkennen? Dass es klimaschädlicher Lichtsmog mitten im Naturschutz-Wald und teure Energieverschwendung ist und dass Insekten in der Nacht Dunkelheit brauchen und es somit überhaupt keine „insektenfreundliche“ Beleuchtung gibt, diese ungute Realität verschwindet hinter der märchenhaften Wörterkulisse.

Auf solch hintergründige Art lässt sich augenscheinlich auch Politik machen.

Bergneustädter Lichter

Im Februar habe ich eine Einwohneranregung an den Bergneustädter Rat gerichtet, in welcher ich ihn aufgefordert habe, sinn- und nutzlose Straßenlampen auszuschalten, von denen es im Stadtgebiet zahlreiche gibt.

Jetzt erhielt ich folgende Antwort:

„Nunmehr muss ich Ihnen mitteilen, dass der Planungs-, Bau- und Umweltausschuss in seiner Sitzung am 26.06.2017 Ihre Einwohneranregung betr. Überprüfung der Straßenbeleuchtung einstimmig abgelehnt hat.“

Man hielt es nicht für nötig, mich zu der Sitzung einzuladen, wie es sonst bei Kommunen üblich ist. Verächtlicher kann man kaum mit Einwohneranregungen umgehen, deutlicher kaum zeigen, daß einem „einstimmig“ der Klimaschutz vollkommen am Arsch vorbei geht, indem man sogar die „Überprüfung“ ablehnt.

Was tun?

Die Situation ist zum Verzweifeln. Immer erschreckendere Fernsehbilder von schmelzendem Eis an den Polen, von Dürren, Regenfluten, großflächigen Bränden und leidenden Menschen. Wissenschaftler, Umweltorganisationen, einige Journalisten, einzelne Klimaschützer warnen immer lauter, reden sich die Münder fusselig und schreiben sich die Finger wund : Alles prallt an den stumpfsinnigen Verteidigern des herrschenden Lebensstils ab, die sich gegen die Realität mit einer Mauer der Verdrängung abschotten.

Wie soll denn die Zwei-Grad-Grenze – die uns von der globalen Katastrophe trennt – eingehalten werden, wenn wir nicht einmal bereit sind, auf solche unsinnigen Verbräuche zu verzichten?

Keiner kann bestreiten, daß die überflüssigen Bergneustädter Straßenlampen, die Scheinwerfer am drittklassigen Baudenkmal oder die SUV-Rallyes ihren Teil zum Klimawandel beitragen. Keiner kann behaupten, daß wir auch nur eines der drei Beispiele für ein gutes Leben brauchen. Schon gar nicht das Umpflügen des Waldes mit irrwitzig übermotorisierten Geländemonstern, die längst verboten gehören, statt sie zu fördern. Ist es denn nicht ein Zeichen geistig moralischen Verfalls,wenn wir sogar an diesen Auswüchsen von Verschwendung unbeirrbar festhalten?

Die internationalen Klimaabkommen, ob mit oder ohne USA, die Absichtserklärungen in Politik, Wirtschaft, Kirchen, Gewerkschaften usw., bringen nicht die Rettung. Sie haben keinerlei Auswirkungen auf die Klimaerwärmung, solange der Klimaschutz nicht in unserer Lebenswirklichkeit umgesetzt wird und unser alltäglicher Wahnsinn weiter als akzeptable Normalität begriffen wird. Wenn es so bleibt, wie es ist, wenn wir so bleiben, wie wir sind, wenn wir so weitermachen wie bisher, dann wird die Katastrophe mit Sicherheit für die heutigen Kinder unausweichlich.

Dabei lieben wir sie doch so sehr! Oder etwa doch nicht?

Vielleicht ist uns aber auch mit der Ruhe, der Schönheit, der Zufriedenheit und dem Mitgefühl im grellen Kunstlicht und beim Dröhnen der Motoren die Liebe ganz abhanden gekommen, versunken im grauen Meer einer unendlichen trostlosen Gleichgültigkeit.