Unveröffentlichter Leserbrief zu „AfD- Nachlese“

 

Was war das für ein merkwürdiger Hype um den ausgefallenen AfD-Parteitag in Wiehl. Alle Oberberger schienen auf einmal „bunt und nicht braun“ zu sein, Grüne und CDU, Kirchen und Kultur, Erwachsene und Schüler. Die Riesenwelle machte den Eindruck einer kollektiven Teufelsaustreibung: Ein Reinigungsritual, aus dem die Oberberger als mitfühlende Humanisten und Christen hervorgegangen sind und die Demokratie vor den Feinden beschützten.

Das ist aber zu viel der Ehre für den zusammengewürfelten Haufen von AfDlern und ihren Landesparteitag. Dass allein diese zerstrittene – aber nicht verbotene – Partei in der Lage wäre, die Grundfesten des Staates zu gefährden, ist einfach lächerlich.

Die AfD hat außerdem kein Monopol auf Rassismus, Nationalismus,Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit, vielmehr sind diese brandgefährlichen rechtsradikalen Geisteshaltungen in der Gesellschaft weit verbreitet, in den andern Parteien, in Kirchen,in Gewerkschaften, im Sport.

Wie weit, das haben wir gerade an unseren österreichischen Schwestern und Brüdern gesehen ,wo die Mehrheit stramm rechts bis rechtsradikal gewählt hat

Wenn es darum geht, unseren ungerechtfertigten Wohlstand gegen die aus dem Süden geflüchteten Opfer zu verteidigen, dann legen Deutschland und die EU längst eine Brutalität bei der Flüchtlingsabschreckung an den Tag, wie sie AfD und Mr.Trump lauthals fordern. Den meisten ist das aber peinlich, deshalb reden wir lieber von unseren „Werten“ und heucheln Mitgefühl, während unser tatsächliches Handeln gegenüber den Fluchtursachen von kalter Gleichgültigkeit geprägt ist. Ob der oberbergische „Aufstand der Anständigen“ daher rührt, dass die AfD so schamlos offen ausspricht, was viele von uns klammheimlich denken?

Es rächt sich jetzt, daß die Nazivergangenheit nie wirklich aufgearbeitet wurde. Besonders in der ehemals braunen Hochburg im Südkreis wurde über den mörderische Nazismus und seine hiesigen Protagonisten geschwiegen, es wurde und wird vertuscht, beschönigt und verharmlost. So konnte der Schoß fruchtbar bleiben, aus dem das jetzt wieder kriecht.

Der 9. November und die Rituale des Progromgedenktags stehen vor der Tür. Zu diesem Anlass hat sich aber immer noch kein einziger Kirchenvertreter ehrlich gemacht und z.B. bekannt, daß die Nazis mit dem Progrom Luthers Geburtstag (10.9.) gefeiert haben. Indem sie seine furchtbare antisemitische Hetze in die Tat umsetzten, die Synagogen niederbrannten und eine Gewaltorgie sondergleichen gegen die Juden entfesselten. Der damalige Reichsbischof erklärte danach, Hitler habe vollendet, was Luther begonnen habe. Es gab also eine kräftige kirchliche Wurzel des Nationalsozialismus. Wer diese weiter unter dem Teppich halten will, aber gegen AfD und Konsorten demonstriert, spielt mit gezinkten Karten.